Dez 24 2023

Geburt

von Dr. Raphael Hochstrasser

Vorbereitung

Obwohl sowieso meist alles etwas anders kommt als geplant, ist es ein gutes Gefühl, vorbereitet zu sein. Hier das wenige, was Du allenfalls brauchst:
Für die Hausgeburt z. B. Bettanzüge bereitlegen, die blutig werden dürfen, ausserdem saubere Laken, Mullwindeln und eine Wärmequelle für das Kind usw.
Für einen Notfall, falls ihr doch noch ins Krankenhaus müsst, frühzeitig eine Tasche bereithalten mit Necessaire, Unterwäsche, Ladegerät, wichtigsten Telefonnummern (zu informierende Angehörige), Deine Notizen an die Geburtshelferinnen (s. u.), Energieriegel, ID, Impfausweis, allfällige Krankengeschichten und Berichten etc.
Ausserdem frühzeitig einen Babysitz fürs Auto (falls die Geburt nicht zu Hause stattfindet) anschaffen. Hingegen noch nicht zu viel Kleider, Spielzeuge etc. kaufen. Anfangs braucht es sehr wenig und es wird sich erst mit der Zeit zeigen, was praktisch ist und wirklich benötigt wird.

Deine Notiz an die Geburtshelferinnen

Je nach Situation kannst Du eine Liste Deiner speziellen Wünsche vorbereiten, die der Hebamme, den Gynäkologinnen oder anderen Geburtsbegleitern ausgehändigt wird:

  • Abgesehen von einem Blutbild der Mutter werden im Vorfeld keinerlei invasive Untersuchungen wie z. B. Ultraschall gewünscht. [*]
  • Wir legen den Fokus nicht auf die Vermeidung aller möglichen Risiken, sondern auf eine möglichst natürlich verlaufende Geburt.
  • Bitte so minimal-invasiv wie nur möglich vorgehen! Beispielsweise so wenige vaginale Untersuchungen wie möglich, innere Untersuchungen nur bei unbedingter Notwendigkeit, nicht standardmässig einen Wehentropf legen etc.
  • Weniger ist mehr! Falls ich mitten in der Geburt plötzlich dennoch nach einer PDA oder einer Sectio verlange, bitte nicht zu schnell nachgeben. Ebenfalls keine Beschleunigung des Geburtsverlaufs und keine Angebote in diese Richtung (Geburtserleichternde Medikamente, Interventionen, etc.) offerieren.
  • Falls eine Einleitung notwendig wird, versuchen wir es zuerst mit sanfter Oxytocin-Stimulation (Berührung, Sex, Atmung etc.), dann mit Akupunktur. Invasivere Massnahmen erst zur Sprache bringen, wenn alle nebenwirkungsarmen Methoden ausgeschöpft wurden.
  • Wir probieren die Technik des Hypnobirthing, bei der versucht wird, das Kind herauszuschieben statt zu pressen.
  • Bitte den Fokus nicht auf den Schmerz legen, Wörter wie „Leid, Problem, Gefahr etc.“ vermeiden, auch keine Schmerzskala verwenden etc.
  • Kein Dammschnitt [der natürliche Riss verheilt nachweislich besser!]
  • Wenn irgendwie möglich, soll der Vater die Fruchtblase eröffnen (falls notwendig), das Kind entgegennehmen bzw. der Mutter übergeben und schliesslich die auspulsierte! Nabelschnur durchtrennen.
  • Das Kind nicht einwickeln, herumreichen etc. sondern schnellstmöglichen Hautkontakt mit der Mutter schaffen.
  • Den natürlichen Plazentaaustritt abwarten.
  • Keine unnötigen Kommentare abgeben (z. B. darüber ob es nun ein Mädchen ein Junge oder etwas dazwischen sei)
  • Wir schätzen es, wenn der Ort der Geburt in einer warmen, ruhigen und familiären Atmosphäre liegt. Je weniger Maschinen, nebensächliches Alltagsgerede, Hektik und ungemütliche Dinge im Hintergrund, desto besser.
  • Bitte das Kind weder mit einem Schnuller, einer Flasche, Augentropfen, Zucker noch irgendwelchen Vitamingaben oder anderen Dingen versorgen.
  • Jetzt schon ganz vielen herzlichen Dank für das Verständnis, das Fachwissen, die Geduld, Arbeit und vor allem die Menschlichkeit und Liebe, die Du diesem für uns so einzigartigem Erlebnis entgegenbringst!

* Dafür gibt es übrigens keinen wissenschaftlich nachweisbaren Nutzen. Es sei denn, Du bist bereit, Dich vor die schreckliche Entscheidung zu stellen z. B. bei Trisomie 21 oder anderen erhöhten Risiken, abzutreiben. Der einzige Nutzen darüber hinaus sind die finanziellen Einnahmen der Ärzte sowie das Lindern der Unsicherheiten seitens Mütter, wenn sie ein Bildli oder irgendwelche Laborwerte und Risikokalkulationen in den Händen halten. Was natürlich ganz legitim ist.

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Grundsätzliche Vorteile der natürlichen Geburt Gebärende und Fachpersonen

Es gibt wohl wenige Berufe, die so alt sind, wie der der Hebammen. Die Gynäkologen und Fachärzte sind eigentlich die Neulinge im Feld. Die meisten Ärzte und heute sogar viele Hebammen, die nur in Kliniken arbeiten, erleben meist nur komplikative Geburten. Das liegt daran, dass sich die humanmedizinische Ausbildung sowie die meisten Kliniken sich auf Komplikationen und Notfälle spezialisieren. Zur Geburtshilfe wäre es aber überaus wichtig, dass sie ein Verständnis und Gefühl für natürliche, gesunde Geburten haben, damit sie den Gebärenden dieses Vertrauen vermitteln können. Hierzu einige erhellende Stichpunkte …

– Dr. Michel Odent, ein Urgestein der Geburtshelferforscher fasst seine Erkenntnisse aus Jahrzehnten so zusammen:
Ideal wäre ein dunkler Raum, indem sich nur die Schwangere und eine Hebamme befindet. Die Hebamme sitzt in der Ecke und strickt.
Dahinter stecken eine ganze Menge Erkenntnisse und schlauer Überlegungen!

– Viele moderne Settings der Geburtsbegleitung (Gynäkologen, Geburtskliniken) drehen sich um Risikovermeidung und Notfälle. Das ist für die Grosszahl der Geburtshilfe ungeeignet, denn dadurch werden die Gebärenden vorwiegend mit Ängsten überfrachtet. Ängste führen zu Stress und vermindern die abdominale Durchblutung. Der Körper öffnet sich nicht, sondern sperrt sich. Es ist übrigens wissenschaftlich unumstritten, dass je mehr Angst und Stress, desto mehr Komplikationen!

– Was Geburtshelferinnen der Gebärenden primär vermitteln sollten, ist, dass sie von der Natur befähigt sind, zu Gebären, zu Atmen, zu fühlen, was wann zu tun sei. Und zwar nicht auf einer rationalen Ebene [!], sondern auf einer gefühlten. Der Neokortex sollte möglichst nicht aktiviert werden, also möglichst wenig oder gar nicht sprechen! Denn der Neokortex aktiviert tendenziell den Sympathikus. Stattdessen soll jenen Systemen den Raum überlassen werden, die fühlen! Messungen, Interventionen, Geräte, die Piepsen oder Herztöne wiedergeben, plötzlich intervenierende Fachpersonen (Chefarzt, der reinplatzt) oder Personen, die der Gebärenden nicht nahestehen, sind dabei wesentliche Störfaktoren und können den Geburtsvorgang hemmen oder verhindern.

– Die grosse Kunst der Geburtshilfe ist, das natürliche Timing zuzulassen, inklusive Geburtspausen. Vielen Kliniken übergehen dies aufgrund verfestigter Abläufe und Leitlinien. Aber für manche Hebamme ist es eine Herausforderung, genügend Geduld für Geburtspausen aufzubringen. Stricken könnte helfen :o)

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Technisches zur natürlichen Geburt

– Die Öffnung des Muttermundes erfolgt nicht linear und ist daher keine geeignete Grösse um den Geburtsfortschritt einzuschätzen!

– Lass der Frau ihre Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit!
Die durch Kliniken eingeführte Rückenlage ist die denkbar ungünstigste Lage, da sie das Becken im Geburtsvorschub blockiert. Sakrum und Symphyse sollten sich frei bewegen können. Geburten in Rückenlagen führen deutlich häufiger zu Verletzungen und Komplikationen! Die Gebärende ist die Expertin und die Chefin der Geburt!

– Es gibt meist keinen guten Grund, bei Klinikeintritt prinzipiell einen Venenzugang zu legen. Eher im Gegenteil, der Venenzugang schmerzt und schränkt die so wichtige Bewegungsfreiheit ein! Wenn es sich als unumgänglich zeigt, ist ein Venenzugang schnell gelegt.

– Forciertes Pressen ist kontraproduktiv, da es zunächst den Blutdruck anhebt, dann senkt, was wiederum die abdominale Blutversorgung und damit den Geburtsfortschritt hemmt. Stattdessen empfiehlt sich eine tiefe Atmung, bei der das Kind geschoben (Hypnobirthing). Der Körper soll sich öffnen, nicht durch Drücken verschliessen.

– Wohlgemerkt sind jedoch die natürlichen Kontraktionen der Gebärmutter notwendig, damit genügend physischer Widerstand aufgebaut wird, an dem sich das Kind abstossen kann. Notabene gebärt nicht nur die Mutter, auch das Kind arbeitet!

PDA (Periduralanästhesie) hat definitiv viele Nebenwirkungen, die über die Schmerzbetäubung hinaus gehen. Grundsätzlich steigt das Risiko von Geburtskomplikationen und negativen Spätfolgen
Die PDA …
… vermindert die Austreibungskraft
… vermindert die Ausschüttung des körpereigenen Oxytocins, was wiederum das Risiko für Spätfolgen wie ADHS und Autismus erhöht
… vermindert die Ausschüttung weiterer Hormone, die das Kind und die Mutter schützen

Sectio (Kaiserschnitt) hat ähnliche Nachteile. An vielen Orten ist es immer noch üblich, die Sectio zu planen, sei es aus Personalgründen oder aus mangelndem Verständnis über den Geburtsvorgang. Stattdessen sollten die natürlichen Wehen abgewartet werden, denn diese Helfen zur Lungenreife, bei Ausschüttung von wichtigen Hormonen (nicht nur das Oxytocin der Mutter , sondern z. B. das DMT des Kindes und das Adrenalin des Kindes), bei der Stärkung des Immunsystems, usw.
Negative Spätfolgen wie Asthma oder Diabetes sind bei Sectio-Kinder signifikant höher.

– Die Geburt ist erst abgeschlossen, wenn die Plazenta ausgeschieden wurde. Oft wird hingegen emotional impliziert, dass die Geburt geschafft sei, wenn das Kind ausgetreten ist. Dies erhöht die Komplikationen gegenüber dem expliziten Kommunizieren, dass die Plazenta auch noch Teil der Geburt sei.

– Das Blut der Extraplazenta ist sehr wichtig für das Kind. Daher bitte nicht voreilig Abnabeln. Es gibt keine wissenschaftlichen Gründe zur vorzeitigen Abnabelung! Im Gegenteil. Kinder nehmen bis zu 200 g an Gewicht zu, wenn sie an der Nabelschnur bzw. an der Plazenta gelassen werden. (Natürlich nur, wenn keine Komplikationen bestehen. Im Notfall, z. B. bei erhöhtem Blutverlust der Mutter, kann aber auch nur die mutterseitige Nabelschnur getrennt werden, wobei die kindseitige Verbindung belassen wird.)

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Mehr über das Thema Babys – Die ersten drei Monate gibt’s hier.
Mehr über das Thema Kleinkinder und Zahnungscrème gibt’s hier.
Mehr über das Thema Abstillen gibt’s hier.


Jan 30 2020

Babys – Die ersten 3 Monate

von Dr. Raphael Hochstrasser

Die ersten 3 Monate nach der Geburt zählen quasi noch zur Schwangerschaft.

Im Laufe der Evolution wurde unser Denkorgan immer grösser. Und durch den aufrechten Gang wurde das Becken schmäler. Damit der Kopf überhaupt noch durch den Geburtskanal passte, musste die Geburt um 3 Monate vorverschoben werden. Daher kommen wir nicht erst nach einem Jahr, sondern schon nach 9 Monaten auf die Welt. Und aus demselben Grund sind übrigens auch die Fontanellen noch offen.

Nicht nur für das Baby, auch für die Mutter kann diese Zeit noch zur Schwangerschaft gezählt werden. Entsprechend wird das sogenannte Wochenbett manchmal als 4. Trimester bezeichnet. Das ist ganz gut so, damit wir nicht vergessen, ihr diese Zeit wirklich zu lassen. In der Regel braucht der Körper rund einen Monat, um sich von den Geburtsstrapazen zu erholen, die Wunden zu heilen, sich auf die neue Situation und auf das Stillen einzugewöhnen usw. Für die komplette Regeneration ad integrum sollten zwei weitere Monate eingerechnet werden.

Wenn dann das Kind so auf dem Bauch der Mutter oder des Vaters liegt, fällt die Vorstellung sowieso leicht, dass es eigentlich noch dort wäre. Viele Mütter haben sich dann schon so an die Nähe gewöhnt, dass es für sie komisch wäre, das Baby nicht bei sich zu tragen.

Jedenfalls sollten in dieser heiligen Zeit die üblichen Erziehungsregeln und Mechanismen aussen vor gelassen werden. Denn das Baby ist noch keine eigenständige Pflanze, sondern eine Art Spross, der noch an der Mutterfrucht hängt. Es ist auch nicht fähig, zu reagieren. Man sollte in dieser Zeit auf jedes Bedürfnis möglichst umgehend, adäquat und bedingungslos eingehen.

Auch die Gedärme der Kleinen sind noch nicht perfekt besiedelt, die Darmflora ist sich noch am aufbauen. Schreit ein Kind während Stunden ununterbrochen trotz allen Künsten der Beruhigungstechnik, leidet es mit hoher Wahrscheinlichkeit (20% aller Kinder) unter den sogenannten 3-Monats-Koliken (die übrigens nach punktgenau 3 Monaten enden). Bei den meisten Babys machen sich die Probleme mit der Verdauung zumindest in einer milderen Formen bemerkbar. Dennoch konnte bisher bei Untersuchungen kein Enzym oder Bakterium gefunden werden, das für die Verdauungsprobleme verantwortlich ist. Vielmehr scheint es die Luft zu sein, die beim Schreien eingeatmet wird, und die Blähungen bzw. die Schmerzen verursacht. Und das Schreien wiederum, ist natürlich. Gemäss Remo Largo, dem Babyversteher unserer Zeit, kommt das von der intensiven Gehirnentwicklung in dieser Zeit.

Je mehr ein Baby Hand-Mund-Aktivität und wache Blicke zeigt, plaudert und einen regelmässigen Wach-Schlaf-Rhythmus eingeht, desto höher liegen die Chancen, dass es nach den ersten drei Monaten deutlich weniger schreit.

Die Diät der Mutter („auf Zwiebeln und Kohl verzichten“ und dergleichen) scheint jedoch keinerlei objektiv feststellbare Auswirkungen auf das Schreiverhalten von Babys zu haben! Wodurch es sich hingegen nachweislich beinflussen lässt, ist die Tragezeit. Der ständige Körperkontakt sowie regelmässige, rhythmische Bewegungen scheinen eine beruhigende Wirkung auf verschiedene Systeme der Babys zu haben. Kurzum: Babys sind Traglinge!

Babys und Kindder brauchen nicht nur die körperliche Nähe der Erwachsenen, sondern vor allem auch die emotionale. Sie können ihre Gefühle nicht selber regulieren. Die Myelinisierung der Nerven, vor allem des ventralen Vagus (wichtig für soziale Fähigkeiten), dauert bis zum 3. Lebensjahr. Daher brauchen Babys quasi die Gehirne von uns Mamis und Papis, um dies zu üben. Fehlt die Nähe, kommt es nachweislich zu schweren Traumas oder zu ungesunden Bewältigungsstrategien, die bis ins Erwachsenenalter anhalten. Damit erübrigt sich auch die Frage, ob es sinnvoll ist, Babys so oft wie möglich zu tragen, sie so lange wie möglich im gleichen Bett schlafen zu lassen usw. Die Nähe der Erwachsenen ist für die emotionale Entwicklung der Kinder überlebenswichtig!

Mehr über das Thema Schwangerschaft und Geburt gibt’s hier.
Mehr über das Thema Kleinkinder und Zahnungscrème gibt’s hier.


Dez 14 2018

Organuhr und Dojo-Zeiten

von Dr. Raphael Hochstrasser

Organuhr

Das Qi fliesst in einem bestimmten Zyklus durch die Organe bzw. deren Leitbahnen. Jeder der 12 Funktionskreise hat dadurch einmal im Tag während zwei Stunden seine maximale und seine minimale Zeit:

3-5 Uhr Lungen 
Häufigere Anfälle von Störungen mit Lungen-Fülle-Mustern, z. B. Asthma. Gute Zeit für Pranayama-Praxis.
Blasen Minimum
Nykturie bei Blasen-Schwäche.

5-7 Uhr Dickdarm
Gute Zeit zum Gaggelen. Gute Yáng-Zeit, viel Testosteron. Jetzt Chindli machen!
Nieren Minimum: Verstärkte Symptome bei Nierenkrankheiten oder alten Menschen (da diese gemäss CM weniger Ni-Jing besitzen).

7-9 Uhr Magen 
Gute Zeit für die Nahrungsaufnahme (Porridge :o) und um Tee zu trinken.
Perikard Minimum: Erhöhte Infarktgefahr (durch verminderten Perikad-Schutz)

9-11 Uhr Milz
Gute Zeit um zu verdauen
San Jiao Minimum: die Verdauung freut sich besonders über leichte, warme und bekömmliche Speisen.

11-13 Uhr Herz 
Gute Zeit für ein geselliges und besonnenes Essen 
Gallenblase Minimum: Allzuviel geplappert und aggressive Diskussionen beim Essen vermeiden!

13-15 Uhr Dünndarm 
& Leber Minimum: Gute Zeit für ein Verdauungsschläfchen. Das Blut weil nun eh im Pfortadersystem der Leber.

15-17 Uhr Blasen 
Gute Zeit für Aktivität …
Lungen Minimum: … im Freien.

17-19 Uhr Nieren 
Dickdarm Minimum: Gute Zeit für Kraftsuppen.

19-21 Uhr Perikard
Magen Minimum

21-23 Uhr San Jiao 
Milz Minimum: Auch bei Fressatacken keine grosse Mahlzeiten mehr!

23-1 Uhr Gallenblasen 
Typische Zeit für Gallenkoliken.
Herz Minimum: Spätestens jetzt Schlafen gehen, damit sich das Haus des Shén schön erholen kann.

1-3 Uhr Leber
Nachtarbeiter finden diese Uhrzeit besonders kreativ. Aber eigentlich liefert die Leber für den Ladevorgang!  Schlaf ist jetzt besonders erholsam, Aktivitäten sind besonders zehrend.
Dünndarm Minimum: Der möchte jetzt gerne Pausieren. Tagsüber räumt er gerne nach Shen-Aktivitäten auf. Er putzt quasi die Wandtafel nach den Ideenergüssen. Wer aber jetzt noch viel rumhirnt, wird den Geist nicht richtig leeren können.

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Dojo-Zeiten

Die *Dojo-Zeiten entsprechen dem Wandlungs-Element Erde, welches gemäss Jahreszeitenzuordnung zwischen jeweils zwei Saisonzeiten liegt.

Frühling = Holz
*Dojozeit im Spätfrühling: 27. April – 14. Mai

Sommer = Feuer
*Dojozeit im Spätsommer: 26. Juli – 12. August

Herbst = Metall
*Dojozeit im Spätherbst: 24. Oktober – 10. November

Winter = Wasser
*Dojozeit im Spätwinter: 22. Januar bis 8. Februar

Im Sinne des Wandlung-Elementes Erde eignet sich diese Zeit besonders gut, um die Verdauung zu pflegen. Die beste Dojo-Zeit ist jene im Spätfrühling, dann empfiehlt sich Schonkost durch allgemeine Reduktion und Vereinfachung der Nahrungsmittel sowie erhöhte Einnahme von Tees. Auf Alkohol, Kaffee, Zucker, Weissmehl und Milch sollte nun ganz verzichtet werden. Statt zu Fasten, empfehlen wir übrigens eine therapeutisch begleitete Reiskur. 


Feb 17 2017

Chinesische Medizin in 50 Sätzen (in wissenschaftlicher Schreibweise)

von Dr. Raphael Hochstrasser

Ursprung, Entwicklung und Verbreitung der Chinesischen Medizin

Chinesische Medizin (CM) ist ein traditionelles, medizinisches System mit Ursprung in China. Das bekannteste [3:74] Grundlagenwerk der CM, Huáng-Dì Nèi-Jīng 黄帝 内经 (chin: Des Gelben Kaisers Innerer Klassiker)[4], kurz Nèi Jīng (chin: Innerer Klassiker), wurde um ca. 1000 – 300 v. u. Z. verfasst. Der im Nèi Jīng beschriebene Wissensschatz wurde über zwei Jahrtausende durch die Einflüsse verschiedener Dynastien und Schulen verfeinert und bildet noch heute weitgehend die klinische Grundlage. In China arbeiten gemäss WHO rund 525‘000 CM-Ärzte [5:10]. In Europa wird die Zahl der praktizierenden Akupunkteure auf 15‘000 (ebd.12) geschätzt, in der Schweiz praktizieren über 2000 Therapeuten und Ärzte Akupunktur und Chinesische Arzneitherapie [6]. Akupunktur wird gegenwärtig als das weltweit bedeutendste nicht-medikamentöse Verfahren zur Behandlung von Schmerzen betrachtet [7: S.8].

Denkmodelle der CM

Die im Nèi-Jīng [4] beschriebenen grundlegenden Denkmodelle dienen dazu, naturphilosophisches Verständnis und empirische Erkenntnisse logisch und strategisch so zu verknüpfen, dass sie klinisch optimal verwertet werden können. Im Sù-Wèn 素問, dem ersten Teil des Nèi Jīng werden neben Physiologie, Pathologie, Ätiologie, Diagnostik und Therapie auch kosmologische, ökologische, soziale, emotionale und habituelle Lebensumstände im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen aufgezeigt. Mikrokosmos und Makrokosmos, sowie deren Zusammenwirken, werden gleichermassen miteinbezogen [ebd.Kap.5], wobei der Mensch als in Resonanz zur Natur lebendes Wesen verstanden wird [ebd.Kap.2]. In der fundierten Weltansicht der alten Chinesen werden das Universum und der menschliche Körper als eine organische Einheit betrachtet [8].

Therapeutische Methoden der CM

Yīn 阴 und Yáng 阳 [zwei synergistisch-dynamische, allgegenwärtige Polaritäten] werden in der CM als Grundlage aller Dinge, Mutter jeden Wandels und von Leben und Tod betrachtet. Um eine Krankheit zu behandeln, muss die Wurzel der Disharmonie zwischen Yīn und Yáng gefunden werden [4:Kap.3/5], ebenso sollen der geistige Aspekt Shén 神und die Lebensenergie Qì 气 frei und sanft zirkulieren können (ebd.Kap.1). Das Qì fliesst in den Jīng-Lùo 经络, Leitbahnen und wird durch Zhēn-Jiǔ 針灸, Akupunktur energetisch stimuliert (ebd.Kap.26). Neben der Akupunktur ist vor allem Zhōng-Yào 中藥, Chinesische Arzneitherapie von grosser Bedeutung [9:375]. Die Chinesische Arzneitherapie unterscheidet sich von der Allopathie dadurch, dass für jeden Patienten individuell auf dessen Muster angepasste Formeln aus pflanzlichen, mineralischen und tierischen Einzelsubstanzen komponiert werden [10:xxv]. Weitere Behandlungsmethoden der CM sind: Tuī-Ná 推拿, therapeutische Massage [11], Guā-Shā 刮痧, Stimulation durch Schaben der Haut [12], Bá-Guàn 拔罐, Stimulation durch Saugwirkung vakuumisierter Gläser [13], Aì-Jiǔ 艾灸 Moxibustion, Erwärmen der Akupunkte durch Abglühen von Artemisiakraut [14], und schliesslich die Beratung, z. B. bezüglich Qì-Gōng 氣功 (Qì-Arbeit) [15, 16], Lebensstil [4:z. B.Kap.1], Ernährung [17] und Fēng-Shŭi 风水 (Umgebungsgestaltung) [18, 19].

Begriffe Zhēn-Jiǔ und Akupunktur

Der Begriff Akupunktur setzt sich aus dem lateinischen acus für Nadel, und pungere für Stechen zusammen. Der in der chinesischen Sprache verwendete Begriff Zhēn-Jiǔ setzt sich aus den Wörtern Zhēn für Nadel und Jiŭ für Moxibustion zusammen. Das Schriftzeichen für 針 Zhēn beinhaltet 金 (Gold/Metall) und 十 (10/perfekt). Das Schriftzeichen 灸 Jiŭ enthält 久 (lange Zeit/spät wachsen) und 火 (Feuer) [20].

Akupunktur und klassische Werke der CM

Bereits im Sù-Wèn 素問 [4] wird Akupunktur beschrieben (ebd.:Kap.21 bis 64), doch die diesbezüglichen Ausführungen im Líng Shū, dem zweiten Teil des Nèi Jīng sind ausführlicher und weniger philosophisch, dafür klinischer und anwendungsbezogener [21:2ff]. Gemäss Líng Shū (22:Kap.1) hielt Huáng Qì „…die Verwendung kleiner Nadeln für notwendig, um den Fluss des Qì in den Leitbahnen zu beeinflussen…“.

Akupunktur und Leitbahnen im Verständnis der CM

Akupunktur bietet Zugang zum Jīng-Lùo 经络, Leitbahnsystem, wo entsprechend der Musterdiagnose Qì-Zhì 气滞, Blockaden aufgelöst bzw. 实 Shí-Zhèng 证, Füllezustände sediert oder Qì-Xū 气虚, Leerezustände tonisiert [22:Kap.1/9] werden. Das Jīng-Lùo entspricht einem weit verzweigten Netzwerk im Organismus, welches in astrologischer und geologischer Korrespondenz die Zirkulation des Qì unterstützt [8]. 365 klassische Akupunkte sind auf zwölf longitudinalen Hauptleitbahnen verteilt, welche mit weiteren transversalen, muskulotendinalen und subkutanen Leitbahnsystemen den gesamten Organismus erschliessen (ebd.Kap.1). Darüber hinaus werden 52 weitere Akupunkte auf den 奇经 八脉 Qí-Jīng Bā-Mài, ausserordentlichen Leitbahnen und 68 Extrapunkten ausserhalb der Jīng-Lùo, Leitbahnen [9:271-286] definiert. Im Laufe des letzten Jahrhunderts gewannen ausserdem Mikrosysteme an Bedeutung. So werden beispielsweise 139 Akupunkte am Ohr (ebd.1077–1092) definiert, 43 Akupunkte an der Hand (ebd.1118ff./1128), 57 am Fuss (ebd.1123f./1130), 89 in Gesicht, Nase und im Mund (ebd.1131/1133f./1142f), sowie rund 100 Punkte bzw. Punktzonen am Schädel [23:53/65/85]. Ausserdem werden Ā-Shì Xué  阿是 穴, druckdolente Punkte an beliebigen Lokalitäten bei Triggerpunkten, an Muskeln, Gelenken, Sehnen und Bändern definiert.

Quellen

1 Hui KK, Nixon EE, Vangel MG, Liu J, Marina O, Napadow V, Hodge SM, Rosen BR, Makris N, Kennedy DN: Characterization of the „deqi“ response in acupuncture. BMC complementary and alternative medicine 2007, 7:33.
2. Leung P-C: Chinesische Medizin: alte Heilkunst und moderne Wissenschaft, 1. Aufl. edn. München [u. a.]: Elsevier; 2006.
3. Unschuld PU: Medizin in China : eine Ideengeschichte. München: Beck; 1980.
4. Sù Wèn 素 問: Huáng-Dì Nèi-Jīng Sù-Wèn 黄 帝 内 经 素 問. In. China; ca. 1030 v. – 24 n. u. Z.
5. WHO: WHO traditional medicine strategy 2002-2005, 12906374, 2002438541. In. Geneva: World Health Organization; 2002: viii, 61 p.
6. Complemedis AG TH: Anonymisierter Auszug der Kundendatenbank der Complemedis AG, editiert von Hochstrasser R; 2012.
7. Unschuld PU: Chinesische Medizin, Orig.-Ausg edn. München: Beck; 1997.
8. Yang ES, Li PW, Nilius B, Li G: Ancient Chinese medicine and mechanistic evidence of acupuncture physiology. Pflugers Archiv : European journal of physiology 2011, 462(5):645-653.
9. Focks C, Blunck A: Leitfaden traditionelle chinesische Medizin : Schwerpunkt Akupunktur, 2., [vollst. überarb.] Aufl. edn. München [u. a.]: Urban & Fischer; 2000.
10. Bensky D, Clavey S, Stöger E: Chinese herbal medicine : materia medica, 3rd edn. Seattle, WA: Eastland Press; 2004.
11. Han C, Rintelen H: Leitfaden Tuina : die manuellen Techniken in der TCM, 2. Aufl., [Nachdr.] edn. München [u. a.]: Urban & Fischer; 2008.
12. Nielsen A: Gua Sha : eine traditionelle Technik für die moderne Medizin. Kötzting: Verl. für Ganzheitliche Medizin Wühr; 2000.
13. Chirali IZ: Traditional Chinese medicine : cupping therapy, 2nd edn. Edinburgh ; New York: Churchill Livingstone/Elsevier; 2007.
14. Höting H: Die Moxa-Therapie : Wärmepunktur – eine klassische chinesische Heilmethode, 6. Aufl. edn. Stuttgart: TRIAS; 2011.
15. Johnson JA, Stewart JM, Howell MH: Chinese medical Qigong therapy : a comprehensive clinical guide. Pacific Grove, Calif.: International Institute of Medical Qigong; 2000.
16. Wei Y, Deng Z: Medizinisches Qigong : praktisches Handbuch der chinesischen Atem- und Bewegungsübungen. Kötzting/Bayer. Wald: Verl. für Ganzheitliche Medizin Wühr; 1996.
17. Zalokar UvB, Fendrich B, Hass K, Kamb P, Rüegg E, SBO-TCM: Praxisbuch Nahrungsmittel und Chinesische Medizin: Wirkungsbeschreibungen und Indikationen der im Westen gebräuchlichen Lebensmittel. Schiedlberg: BACOPA Verl.; 2009.
18. Sang L, Luk H: The principles of feng shui. Book one. Monterey Park, Calif.: American Feng Shui Institute; 1994.
19. Kubny M: Feng Shui: die Struktur der Welt : Geschichte, Philosophie und Konzepte der traditionellen chinesischen Raumpsychologie. Klein Jasedow: Drachen Verl.; 2008.
20. Chinese-English Dictionary [www.mdbg.net]
21. Schmidt MWGA: Übersetzung des Lingshu: Die Wundersame Türangel im Klassiker des Gelben Kaisers zur Inneren Medizin, vol. 2: vicademica.verlag berlin; 2003.
22. Líng Shū 灵 枢: Yellow Emperor’s Inner Canon. Divine Pivot [Huáng-Dì Nèi-Jīng Líng Shū 黄 帝 内 经 灵 枢]. In.; approx. 1030 B. C. E. – 24 A. C. E.
23. Yamamoto MD, Ph. D. Toshikatsu: Yamamoto Neue Schädelakupunktur: Verlag für Ganzheitliche Medizin Dr. Erich Wühr GmbH, Kötzing/Bayer Wald; 2005.


Apr 7 2016

Wen Bing, Wēn Bìng, 4 Schichten, vier Schichten-Modell, Wärme-Erkrankungen

von Dr. Raphael Hochstrasser

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Wēn Bìng

溫 病 (chin: Wärme-Krankheiten)

Die erste Erwähnung über Wärme-induzierte Erkrankungen findet sich natürlich wie gewohnt im Huáng Dì Nèi Jīng Sù Wèn. Das sogenannte Wēn Bìng Lùn, die eigentliche Abhandlung darüber, entstammt aber einer späteren Zeit. Irgendwann kam nämlich das Bedürfnis auf, das Shāng Hán Lùn um Methoden zu ergänzen, die speziell bei epidemischen-, also infektiösen Volks-Krankheiten wirksam sind. Die wichtigsten Autoren des Wēn Bìng Lùn waren Wú Yòu Xìng (1582-1652), Yě Tiān Shì (1690-1760) und Wú Jū Tŏng (1758-1836).

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Diagnose

Das Prinzip des Wēn Bìng ist einfach: Bei febrilen Erkrankungen durch äussere Faktoren werden vier Schichten unterschieden: Die Wèi-Schicht, die Qì-Schicht, die Yīng-Schicht und die Xuè-Schicht. Sie stehen für den Charakter und die Tiefe, bis in welche die Krankheit vorgedrungen ist:

Schicht Tiefe Schweregrad Symptome
Wèi
Äusserliche Abwehrschicht Leichtgradiges Anfangsstadium Betrifft Kopf, Nase, Hals, Rachen, Atemwege, Husten, leichtes Fieber
Schicht der Qi wandelnden Instanzen Leicht- bis mittelgradig.
Das Zhèng Qì kämpft aktiv
Hitzezeichen, hohes Fieber, viel Schwitzen, Durst, starke und brennende Schmerzen
Yīng Innere Schicht der nährenden Instanzen Mittel- bis schwergradig.
Das Zhèng Qì und innere Ressourcen sind bedroht
Yīn-Leere-Hitze-Zeichen, hohes Fieber am Abend und in der Nacht, trockener Mund und Stuhl, Insomnie
Xuè Innere Schicht
Schwergradig bis lebensbedrohlich.
Die inneren Ressourcen sind beschädigt
Wie Ying-Ebene, zusätzlich mit Blutungen, Exkrete, Delirium, Koma

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Pathogenese

Wèi-Schicht:
Der pathogene Faktor (Xié Qì65) dringt von aussen ein und erzeugt Symptome in den oberen Körperöffnungen und Atemwegen. Das Yáng zeigt im Verhältnis zum Yīn ein leichtes Übermass.
Qì-Schicht:
Etwas tiefer beginnt der Kampf zwischen pathogenem (Xié-) und aufrechtem (Zhèng-65) Qì. Dieser Kampf führt einer Art Reibung, wordurch das hohe Fieber und die ausgeprägten Hitze-Symptome erklärt werden. Das Yáng zeigt im Verhältnis zum Yīn ein deutliches Übermass. Wird die Krankheit schwerer, geht sie noch eine Schicht tiefer, auf die…
Yīng-Schicht:
Die durch die Hitze verbrauchten Ressourcen führen zu Leere-Symptomen. Hier geht die Krankheit erstmals auch an die Substanz (Yīn), was sich durch Yīn-typische Symptome zeigt, wie: Verstärkung am Abend und in der Nacht, Trockenheit, etc. Wir das ganze noch schwergradiger, geht es auf die nächste Schicht, auf die…
Xuè-Schicht:
Sie entspricht dem Stadium der Yīng-Ebene, zeigt aber extremere Symptome. Typisch sind Blutungen aus verschiedenen Körperöffnungen, sowie spontane Hautausschläge oder Entleerungen von Exkreten. Das Yīn ist so stark geschädigt, dass auch das Yáng immer wieder kollabiert und es zu deliriösen und komatösen Zuständen kommt.

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Therapie

Akupunkte und Arznei-Formeln bei (toxischer-) Hitze auf der jeweiligen Ebene:

…Wèi
Du14, Di4, Di20 SJ5, Di11, Lu5, Bl12, Bl13 Sang Ju Yīn
Yīn Qiao San

Mi/Ma/Di: Huo Xiang Zheng Qi San, Lian Po Yin;
Lu: Ji Jian Wei Rui Tang, Qing Zao Jiu Fei Tang, Sang Xing Tang
…Qì
Ma: Di11, Ma 44, Ren12, Bl21

 

Di: Di11, Bl25, Ma 25, Bl25, SJ6 & Ni6 Verstopfung, Mi15

Lu: Lu1, Lu5, Di11, Bl12, Bl13, Ren17

Gb: Gb34, Di11, SJ5, Pe6, Gb43, Gb24, Pe7 & Gb38

Ma: Bai Hu Tang
Zhu Ye Shi Gao Tang)

Di: Da Cheng Qì Tang
Tao He Cheng Qi Tang, Xiao Cheng Qi Tang, Ma Zi Ren Wan, Xie Xin Tang, Hou Po San Wu Tang, Da Huang Mu Dan Tang

Lu: Ma Xing Shi Gan Tang
Xiao Xian Xiong Tang, Qing Jin Hua Tan Wan, Liang Ge San, Qin Jin Hua Tan Wan, Xin Yi Qing Fei Yin

Thorax & Zwerchfell: Zhi Zi Dou Chi Tang
…Yīng Pe3, Jing-Brunnenpunkte, Ni1 Qing Ying Tang
Zeng Ye Tang, Zeng Ye Cheng Qi Tang, Qing Hao Bie Jia Tang, Xi Jiao Di Huang Tang,
Pe: An Gong Niu Huang Wan, Zhi Bao Dan
…Xuè Bl17, Mi1, Mi10, Ni8, Pe8, BI25, Ma25 Xi Jiao Di Huang Tang
Zeng Ye Tang, Zeng Ye Cheng Qi Tang, Qing Hao Bie Jiao Tang, E Jiao Ji Zi Huang Tang, Zhi Bao Dan,
Le-Wind: Ling Yang Gou Teng Tang

Wichtige Einzel-Arzneien…

…mit nachgewiesen antibiotischem Effekt: Huang Lian, Huang Qin, Bai Tou Weng, Chuan Xin Lian, Hu Zhan, Huang Bai,  Ku Shen, Pu Gong Ying, Shan Dou Gen

…mit nachgewiesen antiviralem Effekt: Lian Qiao, Jin Yin Hua, Ban Lan Gen, Da Qing Ye, Ju Hua

Einfluss des Lebensstils auf das Infektionsrisiko

  • Personen mit weniger als 7 h Schlaf / Nacht leiden dreimal häufiger unter Infektionen
  • Mindestens 2 x Sport pro Woche halbiert das Infektionsrisiko
  • Kälteanwendungen (Kneipp, Wimhof, Sauna + Eisbad) verringern das Infektionsrisiko signifikant
  • Alkoholkonsum steigert das Infektionsrisiko wesentlich
    (https://www.cmu.edu/common-cold-project/)


Jan 23 2016

Die Quellen von Qi – Der biohumane Qi-Stoffwechsel

von Dr. Raphael Hochstrasser

Wie kommt denn das Qì in unser System? Wie und wo wird es aufgenommen und zu körpereigenem Qì und den Grundsubstanzen transformiert? Nun, es verhält sich ähnlich, aber doch ziemlich anders, als beim Metabolismus, wie wir ihn aus dem konventionellen Anatomieunterricht kennen.

Diese Schema zeigt den Qì-Stoffwechsel des Menschen. Grau und Gelb repräsentieren die Quellen Luft- und Nahrung, Grün repräsentiert das eigentliche Qì, Rot das Xuè (Blut) und Violett das Jīng (Essenz).

Physiologie der Grundsubstanzen Schema OHNE Jin Ye

 

Die Entstehung von Qì

Wir beginnen bei Gelb bzw. der Mitte. Dazu musst gesagt werden, dass die Mitte gemäss CM aus Magen und Milz bestehen, wobei Milz eher in etwa dem entspricht, was im konventionell-anatomischen Verständnis unter dem Dünndarm inklusive der dort angereicherten Verdauungssäfte (z. B. von Pankreas und Gallenblase) verstanden wird. Die Mitte ist also jene Instanz, welche den Nahrungsbrei zu Gŭ Qì (Nahrungs-Qì) umwandelt. Das Gŭ Qì steigt hinauf in den Thorax, wo es sich mit dem aus der Luft gewonnen Kōng Qì (Atem-Qì) zunächst mal zu Zōng Qì (Thorax-Qì) vereint. Von dort nimmt es zwei Wege: Der Yáng-Weg führt dann schliesslich zum eigentlichen Qì, dem Zhèn Qì (Wahres Qì). Wenn mal von nicht weiter spezifiziertem Qì im Menschen die Rede ist, dann handelt es sich um dieses Qì. Zhèn Qì kann aber auch wiederum in zwei Aspekte aufgeteilt werden: In das nährende, blutähnliche Yíng Qì (Nähr-Qì), sowie in das schützende und abwehrende Wèi Qì (Abwehr-Qi).

Nochmals als Kurzformel (=> steht für Yúan Qì):
(Nahrung -> Milz = Gŭ Qì) + (Luft -> Lunge = Kōng Qì) => Zóng Qì => Zhèn Qì (= Yíng Qi + Wéi Qi)

 

Die Entstehung von Xuè

Der Yīn-Weg des Zōng Qì (Thorax-Qì) führt zum Herzen, wo es unter Mithilfe weiterer Instanzen zu Xuè (Blut) gewandelt wird. Xuè hat aber noch eine weitere Quelle: Das in den Nieren gespeichertem Jīng, bzw. sein Yīn-Aspekt, das Mark bzw. schliesslich Knochenmark beliefert das Herz mit der zweiten Ingredienz zur Herstellung von Xuè (Blut). Bleibt nur noch der Yáng-Weg des Jīng: Das Yuán Qì. Es ist jene feinstoffliche Form von Jīng, welche sämtliche Transformationsprozesse steuert und unterstützt.

Nochmals als Kurzformel (=> steht für Yúan Qì):
((Nahrung -> Milz = Gŭ Qì) + (Luft -> Lunge = Kōng Qì) => Zóng Qì)) +
(Zeugung + geläuterte Nahrung -> Nieren inkl. Jīng) -> Mark -> Knochenmark)
=> Herz => Xuè

 

Jīn Yè

Die Entstehung der Jīn Yè (Säfte) ist eine kontroverse Geschichte. Die Darstellungen der verschiedenen Klassiker und modernen Quellen gehen nicht nur weit auseinander, sondern entbehren auch jeglicher klinischer Relevanz. Daher sei der Säfte-Metabolismus hier – abgesehen von zwei Kommentaren – auf die bildliche Präsentation des Schemas belassen. Die zwei Kommentare: Grundsätzlich enstehen die Säfte im Magen (oder aus dem bereits durch die Mitte transformierten Gŭ Qì) und werden in reine (Jīn) und unreine (Yè) Anteile aufgeteilt und wieder ausgeschieden. Irgendwo gerät die geläuterte Nahrung dann wieder in Form von pränatalem Qì zu den Nieren und könnte zu Jīng werden.

Physiologie der Grundsubstanzen Schema MIT Jin Ye

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Qì-Formen

Es existieren viele verschiedene Haupt- und Unterformen für Qì. Hier eine Übersicht jener Bezeichnungen, die in der CM am häufigsten verwendet werden:

Qì Form   Deutsch Definition
Gŭ Qì 谷气 Nahrungs-Qì Aus dem Nahrungsbrei geläutertes Qì
Kōng Qì 空气 Atem-Qì Aus der Luft gewonnenes Qì
Zōng Qì* 宗气 Thorax-Qi Produkt von Kōng Qì und Gŭ Qì
Zhēn Qì 真气 Wahres Qì Aus Yíng Qì und Wèi Qì bestehend
Wèi Qì 卫气 Abwehr-Qì Korrelat: Immunsystem
Yíng Qì 营气 Nähr-Qì Yīn Aspekt des Qì, ähnlich wie Blut/Xuè
Qì Nì 气逆 Rebell-Qì Gegenläufiges Qì (z. B. Schluckauf, Husten)
Hàh Qì 哈气 Niess-Qì Das Qì beim Niessen**
Jīng Qì 经气 Leitbahn-Qì Qì, das in den Leitbahnen fliesst
Xiè Qì 邪气 Ungesund-Qì Krankmachende (pathogene) Einflüsse
Zhèng Qì 正气 Aufrechtes-Qì Gegen Xiè Qì kämpfendes (salutogenes) Qì
Yuán Qì 元气 Ursprungs-Qì Yàng-Aspekt von Essenz/Jīng
Zhōng Qì 中气 Mitte-Qì Qì der Mitte und des Zōng Qì

* Ein anderer, selten verwendeter Name für Zōng Qì lautet Xiōng Qì
**Ridiculum: רָפָאֵל rafa’el (god bless you) 1976:13.7


Sep 14 2015

Liù Jīng – Shānghán Lùn – 6 Schichten

von Dr. Raphael Hochstrasser

Bereits im Huángdì Nèijīng Sùwèn (Kapitel 66) werden je drei Yáng- und drei Yīn-Qualitäten von Qì unterschieden. Später hat der Arzt Zhàng Zhòng Jīng (50-150 n.u.Z.) sein Lebenswerk, das Shānghán Lùn auf ebendieser Basis, bzw. auf den sogenannten 6 Schichten, verfasst. Nicht nur das, er hat alle wichtigen, bis dahin veröffentlichten Arzneiklassiker zusammengefasst und daraus ein ausgeklügeltes, dafür nicht so einfach zugängliches Werk für die Praxis geschaffen.

Das Shānhán Lùn ist zu zwei 3er-Gruppen bzw. in 6 Abschnitte aufgeteilt, jedem davon werden zwei Funktionskreise inklusive Leitbahnpaare zugeordnet:

3 Äussere (Yáng) Schichten:

  • Tàiyáng 太陽             Bl &
  • Shăoyáng 少陽          SJ & Gb
  • Yángmíng 陽明          Di & Ma

3 Innere (Yīn) Schichten:

  • Tàiyīn  太陰                Mi & Lu
  • Shàoyīn 少陰              He & Ni
  • Juéyīn  厥陰                Pe & Le

Jeder Abschnitt im Shānghán Lùn beinhaltet Diagnose und Behandlung zahlreicher Ungleichgewichte der jeweiligen Schicht. Schicht ist allerdings keine optimale deutsche Übersetzung, chinesisch heisst es Jīng (Leitfaden/Prinzip/Stufe/confirmation/stage, etc.). Das 6-Schichten-Modell wurde ursprünglich zur Vorhersage meteorologischer Vorgänge genutzt. In der CM dient es daher zum Verständnis der Zusammenhänge der Vorgänge im Umfeld (Makrokosmos) und den entsprechenden und gleichbenannten Systemkreise im Körper (Mikrokosmos). Anders gesagt: Wenn eine Kraft im Organismus pathologisch behindert wird, dann geschieht dies häufig durch einen korrespondierenden exzessiven makrokosmischen Einfluss.

Beispielsweise wird das sogenannte Tàiyáng-Syndrom durch das Eindringen von Tàiyáng-Kälte von Aussen verursacht. Das Modell dient aber auch zum Verständnis des Qi-Metabolismus per se. Grob gesagt bringt die Yáng-Gruppe (Tàiyáng, Shăoyáng und Yángmíng) das äussere Qì ins Innere und gleicht die natürliche Tendenz des Yáng nach aussen zu strömen aus. Die Yīn-Gruppe (Tàiyīn, Juéyīn und Shàoyīn) verwaltet das von der Yáng-Gruppe gelieferte Qì im Innern und gleicht die natürliche Tendenz des Yīn nach unten abzusinken aus. Zudem wird jeder Schicht ein Pathogen und ein physiologischer Faktor zugeschrieben:

  • Tàiyáng – Äusserstes Yáng (öffnen) / Kälte bzw. kühlen
  • Shăoyáng – Kleines Yáng (Scharnier) / Feuer bzw. feuern
  • Yángmíng  – Helles Yáng (schliessen) / Trockenheit bzw. trocknen
  • Tàiyīn – Äusserstes Yīn (öffnen) / Feuchtigkeit bzw. befeuchten
  • Shàoyīn – Kleines Yīn (Scharnier) / Hitze bzw. wärmen
  • Juéyīn – Äusserstes Yīn (schliessen) / Wind bzw. bewegen

Oft wird davon ausgegangen, dass die Pathologien umso gravierender seien, je tiefer die betroffene Schicht liegt. Das stimmt nur bedingt, denn die sechs Schichten arbeiten nicht etwa seriell, sondern parallel und sind immer alle aktiv bzw. involviert. Krankheiten bewegen sich auch nicht immer schön von Schicht zu Schicht, von innen nach aussen, etc., sondern in verschiedensten Abfolgen. Man bedenke, dass die Schichten nicht bloss Leitbahn-Paare, sondern Funktionskreis-Paare beinhalten.

Tàiyáng…

…fungiert mit seinen äussersten Leitbahnen (Jīng) Bl & Dü als Öffner ins Äussere, vor allem gegen Wind und Kälte im OJ, Nackenbereich und zusammen mit dem Dū Mài der gesamten Körperrückseite. Mit seinen Organen (Fŭ) ist er zuständig für die Ausscheidung von Flüssigkeiten über das Miktions- (Bl) und Defäktionssystem (Dü). Die Betonung des Tàiyáng-Kapitel im Shānghán Lùn – es nimmt über die Hälfte des Werkes ein – liegt vor allem auf der von Aussen nach Innen-Funktion. Für seine Aufgabe wird ihm vom System verhältnismässig die grösste Menge Wèi Qì zugeteilt. Denn wenn einmal pathologisches Qì den Tàiyáng überwältigt hat, wird der Öffnungsmechanismus des Körpers gestört, die Zirkulation des Oberflächen-Yáng stagniert und damit beginnt die Krankheit im Inneren.

Klassisches Syndrombild:
Gleichzeitig Fieber & Frösteln, Wind-Kälte, Nackensteifigkeit

P: o’flächlich & gespannt oder tief
Klassische AM bei Tàiyáng-Kälte:
Ma Huang Tang, Gui Zhi Tang, Ge Gen Tang, Wu Ling San (Fu)

Tàiyáng-Akupunkte:
Dü3     Du-Mai-Öffner, ShuP, HolzP (=Sehnen), TonisierenP, EPF ausl.wärmen und stark bewegen, Du-Mai-Öffner
Dü4     Yuan-QìP, EPF ausl.
Dü5     FeuerP
Dü6     Xi-SpaltenP, Nacken- und Leitbahnstagnationen, Augen
Bl60    FeuerP, Sehnen, Fülle im OJ ausleiten
Bl62    YangQiaoMai-Öffner, Wind, Sehnen
Bl63    Xi-SpaltenP, Sehnen, UJ
Bl65    ShuBachP, HolzP, SedierungsP

Shăoyáng…

…fungiert als Drehscheibe der Yáng Qualitäten des Qì. Er reguliert den Qì-Fluss (SJ) und die Dosis des Feuers und der Hitze (von Le-Gb, Yuán-Qì und Míngmén). Beziehung zu Yáng Wèi Mài und Dài Maì.

Klassisches Syndrombild:
Alternierendes/intermittierend Fieber & Frösteln, Le-Gb Symptome, kalte Hände und Füsse, weil das Yang noch oben entweicht
P: drahtig/gespannt

Klassische AM:
Huang Qin Tang, Xiao Chai Hu Tang, Si Ni San (kalte Fingerspitzen), Si Ni Tang (kalte Finger), Dang Gui Si Ni Tang (kalte Hände), …Chai Hu Tang Variationen (Fu)
Shăoyáng-Akupunkte:
Gb34   Hui-Sehnen, bewegen, ErdP, He-MeerP
Gb37   Feuer, Augen, LuoP
Gb41   ShăoyángP, DaiMai-Öffner, ShuP, HolzP,
Le3      bewegen, ShuB, ErdP, YuanQiP
SJ3      Hitze, Feuer im OJ, ShuP, HolzP
SJ5      ShăoyángP, LuoP, YangWeiMai-Öffner
SJ6      Hitze/Feuer klären, FeuerP, Di-Stuhl

Yángmíng…

als Innerstes der äusseren Gruppe repräsentiert den Verdauungstrakt, sorgt für das Verdauungsfeuer, sowie für die erste Zersetzung und Trennung des Nahrungsbreis. Er bildet den Übergang zur inneren Gruppe (Yīn) und auch eine enge Beziehung zum Tàiyīn, was das funktional sehr eng verknüpfte Zàng Fŭ-Paar Mi-Ma verdeutlicht.

Klassisches Syndrombild:
Fu: Hitze-Obstipation, starke Bauchsz.
Jing: “4 Grosse”
P: riesig

Klassische AM:
Ge Gen Tang, Bai Hu Tang (Jing), Cheng Qì Tang Variationen (Fu), Ma Zi Ren Wan (Fu)
Yángming-Akupunkte:

Di1 & Ma45   bluten lassen um schnell akute Hitze auszuleiten, Shen beruhigen
Di4                  EPF, va. Gesicht, YuanQiP
Di6                  Hitze, Gesicht/OJ, LuoP
Di10                Yángmíng-Feuer stärken (oberer Ma36, „ZuSanLi“)
Di11                Hitze klären, Nahrungsaufnahme (Assimilation) verbessern, ErdP
Ma36               Yángmíng-Feuer stärken, regulieren, tonisieren, ErdP
Ma37               Nahrungsstagnation, Völle
Ma40              bewegen, Gesicht-Kollateralen
Ma44              Hitze nach unten ausleiten
Ren11/12        moxieren um Yángmíng-Feuer zu stärken

Tàiyīn…

…bzw. das Äussereste des Inneren empfängt den vom Yángmíng vorbereiteten Nahrungsbrei (Gŭ Qì) und die Luft (…aus der Atmung: Kōng Qì) zur Umwandlung in für den Körper verfügbares Qì (Zhēn-Qì). Zhēn-Qì besteht aus Yīng-Qì und Wèi-Qì, also aus Nähren und Schützen (Immunsystem), wobei der nährende Aspekte eher der Mi zugerdnet wird und der schützende Aspekt eher der Lu. Entsprechend ihren Aufgaben ist das Yīng-Qì ist eher gleichmütig (Yīn) und Wèi-Qì eher wild (Yáng). Diese Eigenschaft geht auch über die reinen Konzepte von Wèi-Qì und Yīng-Qì hinaus: Dank der hohen Mobilität des Qì (Lu) kann es dort verfügbar gemacht werden, wo es gebraucht wird. Mittels Atmung lässt sich das Qi bewusst (Shén) steuern und beispielsweise in eine bestimmte Muskelgruppe lenken. Man denke an die Kampflaute der Samurai Krieger oder an den natürlichen Reflex bei hohem Kraftaufwand die Luft anzuhalten. Ein weiteres Korrelat, um sich die gemeinsame Funktion von Mi & Lu zu verbildlichen, ist die Zellatmung. Bei dieser wird in den Mitochondrien Adenosintriphosphat (ATP) aus der Nahrung (Glucose) gewonnen. ATP ist ein einfacher, universeller Energieträger, also vergleichbar mit Qi. Interessant ist dabei auch, dass beim Aufspalten der Nahrung Wärme (Qì wärmt!) abgegeben wird.

Typische Yángmíng-Muster betreffen daher Feuchtigkeit, Metabolismus (eher Mi), Qì- und Blut-Bewegung (eher Lu). Ein klassisches Leere-Fülle-Muster in Kombination mit dem Yángmíng lautet Tàiyīn-Xū und Yángmíng-Shì bzw. Mi-Qì-Leere und Ma-Hitze bzw. Feuchte/Adiposität und Heisshunger. Therapeutische Antworten darauf wären z. B. Mi3/4, Ren12 und Ma44/45, sowie Ban Xia Xie Xin Tang. Was das Shén betrifft, wäre Traier und Sorge ein typisches emotionales Yángmíng-Feld.

Ein hervorragender Grundstein zur Behandlung von Tàiyīn-Mustern bilden übrigens Bai Shao und Gui Zhi. Warum denn Bai Shao? Weil es neben der Le vor allem der Mi zugeordnet wird und weil es so spezifisch wie kein anderes Mittel das Ying-Qì nährt! Guì Zhī hingegen tonisiert das Weì-Qì und weist einen starken Lu-Bezug auf. Eine weitere Eigenschaft der Zimtäste ist ihr ausbreitender Charakter von hoher Mobilität und Verfügbarkeit.

Klassisches Syndrombild:
Erbrechen & Diarrhö durch Leere („Mi-Yang-Leere“)
P: moderat.

Klassische AM:
Gui Zhi Ren Shen Tang, Li Zhong Wan (Yáng), …Zhong Tang Variationen

Tàiyīn-Akupunkte:
Ren12             Lu über die Mi stärken (als Mutter, Wŭ Xìng)
Lu5                 regulieren
Lu6 & Mi8     Blut bewegen
Lu9                 postnatale Blut- (und Qì-)Bildung
Mi3                 postnatale Qì- (und Blut-)Bildung
Mi9                 Feuchte
Ni3                  Lu über Ni-Yang (gemeinsame Wasserfunktion) stärken
Lu5 & Mi9      Starterkombo (Lu-Qì bewegen und Mi-T&T)

Shàoyīn…

ist vor allem für das Feuer- und Stagnations-Management zuständig. Die Shàoyīn-Jīng (Leitb.) für das Ausleiten von Feuer und Hitze, va Hitze-Stagnation aus den Yīn-Kollateralen. Die Shaoyin-Fù (Organe) sond eher für die Wärmequelle im Körper zuständig. Die Wärmequelle, also das Míngmén entspringt zwischen der li & re Ni und liefert das Yuán-Qì zur Unterstützung aller Qì-Transformationsvorgänge (man bedenke die Fähigkeit des Mingmen aus Wasser Feuer zu generien). Nochmal: Feuer/Wärme meint hier die Wärmequelle (Míngmén). Und das Bewegen ist im Sinne der Transformationsfähigkeit des Yuán-Qì, sowie der Dynamik der He-Ni-Achse gemeint.

Ein sehr typisches Shàoyīn-Muster ist Ni-Yīn-Leere mit He-Yáng-Fülle, AM: Tian Wang Xu Xin Dan. Aus diesem Verständnis macht auch Dào Chi San bei trübem Urin Sinn, denn das Shàoyīn versucht bei Hitze im He über die Ni bzw. Bl/Urin auszuleiten. Bei diesem Muster hilft es nun mal tatsächlich, viel zu Trinken! Reichlich klarer Urin hingegen indiziert eine Ni-Yáng-Leere: Das System versucht kühlendes Wasser durch Shàoyīn (Ni = Kühlung) über Tàiyáng (Bl) auszuscheiden.

Klassisches Syndrombild:
Yin-Leere-Hitze oder Yang-Leere, Palpitationen („He-Yin-Leere“)
P rechts: tief
Klassische AM bei Shàoyīn-Kälte:
Si Ni Tang, Gui Fu Li Zhong Tang, Zhu Li Tang, Si Shen Wan, Zhen Wu Tang (+Taiyin), Huang Lian E Jiao Tang (Hitze), Qing Hao Bie Jia Tang (Hitze)

Shàoyīn-Akupunkte:
He3     Hitze klären, WasserP
He5     He-Qì und Yīn stärken, LuoP
He7     He-Qì, Xue, Yīn ton., He-Qi reg., ShuB, YuanQiP
Ni3      Ni-Yīn und Yáng stärken, ShuB, ErdP, YuanQiP
Ni4      Leere-Hitze, LuoP
Ni6      Ni-Yīn stärken, Rachen, Ni-Qì-Empfangen, YīnQiaoMai-Öffner
Ni7      Ni-Yīn und Yáng, Wasserfnkt, MetallP
Ni10    Ni stärken, Wasser im UJ, WasserP
Bl10    WK, va Kopf, Sehnen
Lu5     Ni über Lu (gemeinsame Wasserfnkt) stärken

Juéyīn…

…bildet das Innerste der sechs Systeme als Schliesser. Es „schliesst“ z. B. den endogenen Wind, speichert und sorgt für die richtige Bewegung des Blutes (Pathologische Form = Blutungen). Durch den Pe hat Shàoyīn eine starke Verbindung zum Herzen bzw. den Koronararterien und den Herzmuskeln, die Le erklärt die Beziehungen zu den Blutfunktionen wie Speicherung, Reinigung und Zustellung, womit auch eine Beziehung zum Chōng Mài deutlich wird.

Klassisches Syndrombild:
rennendes Ferkel-Synd., Diarrhö, Erbr.
P: gespannt oder tief

Klassische AM:
Wu Mei Wan, Dang Gui Si Ni Tang
Juéyīn-Akupunkte:

Pe4      Pe reg., Hitze, Blutungen, Xi-SpaltenP
Pe6      He stärken und Qì bew., Thorax, LuoP, YinWeiMai-Öffner
Pe7      He-Feuer, Yuan-QiP, ErdP
Le2      FeuerP, Le-Feuer, FH im UJ
Le3      Le-Qì bew., Le-Xue nähren, ShuB, ErdP
Le5      FH im UJ, Le-Qì bew., LuoP

Shānghán Lùn-Artikel auf www.tcmaarau.ch.

Keywords: Liù Jīng Liu Jing Shānghán Lùn Shang Han Lun Shāng Hán Lùn
Shanghan Lun Shanghanlun 6 Schichten Sechs Schichten 6-Schichten
Taiyang Tai Yang Tài Yáng Shaoyang Shao Yang Shăo Yáng Yangming Yáng Míng 
Yang Ming Taiyin Tai Yin Tài Yīn Shào Yīn Shaoyin Jué Yīn Jueyin Jue Yin
Zhangzhongjing Zhàngzhòngjīng Zhàng Zhòng Jīng Zhang Zhong Jing 
六经辨证  Liù Jīng Biàn Zhèng Liu Jing Bian Zheng
伤寒论 Shānghán Lùn
 

Feb 19 2014

Efficacy vs. Effectiveness

von Dr. Raphael Hochstrasser

Selbst in ansonsten soliden Lehrbüchern existieren beim direkten Vergleich dieser beiden Begriffe viele Widersprüchlichkeiten.

Das liegt u. a. daran, dass sie nicht direkt ins Deutsche übersetzt werden können. Ich habe mir daher eine Eselsbrücke zurechtgelegt:

Efficacy = Wirksamkeit im Sinne der “Funktion“/es funktioniert: Es existiert eine Kausalität zwischen Ursache und Wirkung (z. B. wenn mit Homöopathie in vitro das Wachstum von Weizenkörnern nachweislich positiv oder negativ beeinflusst werden kann)

Effectiveness = Wirksamkeit im Sinne einer “Funktionalität“/es ist funktional: Es bringt einen praktischen Nutzen (z. B. wenn mit Homöopathie in einer Anwendungsstudie mit echten Patienten das allgemeine Wohlbefinden um 30% gesteigert werden kann)

? Wieso kann man nicht einfach zwischen Wirkung (efficacy) und Wirksamkeit (effectiveness) unterscheiden?
–> Weil sich die Begriffe „efficacy“ und „effectiveness“ eher auf die Wirksamkeit (Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung) beziehen, als nur auf die Wirkung. Wirkung würde dem Begriff „effect“ entsprechen. Es geht bei „efficacy“ und „effectiveness“ also eher (!) darum, ob es funktioniert, als bloss, ob es irgend einen Effekt (eine Wirkung) gibt.

? Könnte man also einfach zwischen experimenteller (efficacy) und klinischer (effectiveness) Wirksamkeit unterscheiden?
–> Für das Lesen wissenschaftlicher Arbeiten reicht diese kontextierte Differenzierung aus. Als Autor, also bei der Verwendung dieser Begriffe, sollte man sich darüber hinaus die transkriptive Differenzierung (Wirksamkeit im Sinne von Funktion/Funktionalität) vor Augen halten.


Feb 12 2012

Zhuāng Zĭ

von Dr. Raphael Hochstrasser

Vermutlich bist Du dem Namen Lăo Zĭ 老子 („Laotze“) schon mal begegnet? Lăo Zĭ gilt als Begründer des Dàoismus. Er lieferte den Inhalt für das Das Dào Dé Jīng 道德經, nach der Bibel immerhin das am häufigsten übersetzte Buch der Menschheit. Dieses Werk zeichnet sich durch unglaubliche Dichte, Universalität und reichem Inhalt aus. Doch neben Lăo Zĭ gab prägten auch noch andere, unglaublich geniale Philosophen den Dàoismus. Ca. 300 v. u. Z. lebte der daostische Philosoph  Zhuāng Zĭ 莊子 Méng Chéng 蒙城, Ānhuī 安徽 . Er verfasste das Nán Húa Zhēn Jīng  南華眞經, Das wahre Buch vom südlichen Blütenland. Eine Anekdote daraus ist weit verbreitet, doch kaum jemand weiss, dass die Zhuāng Zĭ zuzuschreiben ist:

„Einst träumte Zhuāng Zĭ, dass er ein Schmetterling sei, ein flatternder Schmetterling, der sich wohl und glücklich fühlte und nichts wusste von Zhuāng Zĭ. Plötzlich wachte er auf: da war er wieder wirklich und wahrhaftig Zhuāng Zĭ. Nun weiß ich nicht, ob Zhuāng Zĭ geträumt hat, daß er ein Schmetterling sei, oder ob der Schmetterling geträumt hat, dass er Zhuāng Zĭ sei, obwohl doch zwischen Zhuāng Zĭ und dem Schmetterling sicher ein Unterschied ist. So ist es mit der Wandlung der Dinge.“ (Buch II, Kap. 12)

Ein anderes Zitat, welches dafür steht, dass niemand die Wahrheit kennt, sondern wir uns ihr durch Worte bloss annähren können: „Der Name ist der Gast der Wirklichkeit.“ (Buch I, Kap. 2)

„Ein Weg bildet sich dadurch, dass er begangen wird; die Dinge erhalten ihr So-Sein dadurch, dass sie genannt werden. […] was vom Standpunkt des Ichs aus ein Querbalken ist oder ein Längsbalken, Hässlichkeit oder Schönheit, Grösse oder Gemeinheit, Übereinstimmung oder Abweichung: im SINN sind diese Gegensätze aufgehoben in der Einheit. In ihrer Geschiedenheit haben sie ihr Bestehen; durch ihr Bestehen kommen sie zum Vergehen. Alle Dinge, die jenseits sind vom Bestehen und ergehen, kehren zurück zur Aufhebung in der Einheit.“ (Buch II, Kap. 4)

„Himmel und Erde sind Vater und Mutter aller Geschöpfe; vereinigen sie sich, so entsteht ein leibliches Gebilde; trennen sie sich wieder, so entsteht der Anfang zu etwas Neuem. Wenn Leib und Keimkraft frei bleiben von Verlust, so haben wir den Zustand, von dem es heißt, daß man imstande ist, die Lebenskräfte zu übertragen. Wer zu dem Lebenskeim des Lebenskeimes vordringt, der kehrt zurück zur Fähigkeit, Gehilfe des Himmels zu sein.“ (Buch XIX, Kap. 2)


Nov 11 2011

Geschützt: Musterdifferenzierungsübungen für CM-Studenten – Grundlagen

von Dr. Raphael Hochstrasser

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Jul 18 2011

Lebenszyklen

von Dr. Raphael Hochstrasser

Im Su Wen, Kap. 1 werden die 7jährigen Lebenszyklen der Frau, bzw. die 8jährigen des Mannes beschrieben. Das himmlische Nierenwasser, Tian Gui 天癸 führt zur „Hochzeit“ von Chong Mai und Ren Mai (Frau) bzw. Du Mai (Mann), womit verschieden Entwicklungsphasen angesteuert werden. Die exakten Jahreszahlen können nach Yì Jīng numerologisch ausgeschlachtet werden, ansonsten dient die nachfolgende Auflistung eher der groben Orientierung. Um dies aufzuzeigen folgt zunächst der Vergleich verschiedener Systeme mit septanaler Unterteilung, und zwei Systeme (in separaten Tabellen) mit eigener Unterteilung.

AlterFrau
(Mann)
Modern Chinesische Medizin Veden Astrologie
Haus bzw. Leitthema
0-7(0-8) Entwicklung der Essenzen 1. Muladhara
(Wurzelchakra), Fundament, Urvertrauen
Mond, wässrig
7-14(8-16) Die 2. Zähne treten durch und es entsteht ein bleibendes Gebiss Die Nierenenergie festigt sich 2. Swadhisthana (Nabelchakra), Emotionen, Konflikte Merkur, verspielt, undifferenziert, auch im Sexuellen
14-21(15-24) Menarche, volle Ejakulations-fähigkeit, Geschlechtsreife Menarche: Ren Mai (zum Uterus) ist durchgängig, Chong Mai mit Blut gefüllt. Tian Gui fliesst vom Herzen (Bao Mai) zum Uterus. Ejakulation: Du Mai (Potenz) ist voll entwickelt & mit Tian Gui -> Sperma im Überfluss. 3. Manipura (Solarplexux-Chakra) Selbstwertgefühl, Kraft der Gelassenheit Venus, erste Blüte,
21-28(24-32) Höhepunkt der Entfaltungund Empfängnis-fähigkeit Das Nieren-Qi der Frau ist harmonisch und führt zum Vollbesitz ihrer Kräfte. 4. Anahatha (Herzchakra), Selbstlosigkeit, universelle Liebe Sonne, Vollkraft, Zeit der Ideale
28-35(32-40) Mann: Starke Muskeln und Knochen Das Nieren-Qì des Mannes ist harmonisch und führt zum Vollbesitz seiner Kräfte.Bei der Frau beginnt die Essenz in ihrer Kraft nachzulassen 5. Vishuddha (Kehlchakra), Kommunikation, Aufrichtigkeit Mars, beginnende Reife, Arbeit zur Verwirklichung der Ideale
35-42(40-48) Gesicht wird trocken, erste Falten entstehen Nahrungsumwandlung der „Mitte“ schwächer, Leitbahnen im Gesicht weniger versorgt 6. Ajna (3.Auge), Bewusstheit, Qualität statt Quantität Jupiter
42-49(48-56) Ergrauen der Haare Die Essenz lässt langsam nach 7. Sahasrara (Scheitelchakra), Bewusstsein, neue Ebene Saturn, das Alter
49-56(56-64) Frau: Menopause Der Chong Mai leert sich und die Fruchtbarkeit lässt allmählich nach. 1. (Zyklusneubeginn)
Muladhara (Wurzelchakra)
56-63(64-72) Auch der Samen des Mannes wird schlaff. 2. Swadhisthana (Nabelchakra)

Ganz wichtig: nach 7×7 (49) bzw. 7×8 (56) beginnt das zweite Leben, Wandeljahre!

 

Für die Gynäkologie halte ich mir diese Eckdaten präsent …

ab 10…

beginnende Pubertät

ab 30…

selten Ovulationsausfall

ab 40…

gelegentlich Ovulationsausfall

ab 45…

Prämenopause (Regelanomalien)

um 52…

Menopause/Hormonumstellung (ca. 5 Jahre lang)

bis 65…

Postmenopause

 

Louanne Brizedine, eine Neurobiologin publizierte ihre Erkenntnisse betreffs hormonellen Faktoren (nicht mehr und nicht weniger!) auf die Verhaltensweise der Menschen, insbesondere der Frauen in „Das weibliche Gehirn“, ISBN 978-3-442-15516-3. Eine äusserste erhellende Lektüre, ob als Betroffene, Mitmensch oder Therapeut ;o)

Hier einige Auszüge in Tabellenform:

6-24 Mte. Hoher Östrogenspiegel bei Mädchen verstärkt Schaltkreise für emotionale und verbale Fähigkeiten, Vorbereitung der weiblichen Fortpflanzungsorgane Weibliche Kleinkinder sind  in dieser Phase kommunikativ und fähig (-er als Jungen), sozialen Kontakt aufzubauen
Pubertät Mädchen: Östrogen, Progesteron und Testosteronspiegel steigen(Jungen: Testosteron steigt)
Beide: Gonadoliberin setzt in der Hypophyse die Gonadotropinsekretion frei.
Mädchen: Hauptinteresse Sexualität & Verbal-soziales mit anderen Mädchen. (Jungen: Sexualität und Rangordnung)
Sexuelle Reife (Single) Spiegel der Hormone verändert sich jeden Tag im Monat Suche nach Lebenspartner, Familiengründung, Hormone bewirken frühere Reifung der Schaltkreise für Entscheidungen und Gefühlssteuerung
Schwangerschaft Progesteron und Östrogen steigen stark an Plazenta/Fötus-gesteuert: Fokus auf Geborgenheit und familiäre Interessen, Konkurrenzdenken im Hintergrund, Stress-Schaltkreise werden unterdrückt, Hauptinteresse: körperliches Wohlbefinden, Gesundheit  & Schutz des Fötus
Stillzeit Vorwiegend Oxytocin, Prolactin Libido und Emotionen werden zugunsten Kinderversorgung unterdrückt, Milchproduktion
Kinderbetreuung Ocytocin, zyklische Schwankungen von Progesteron und Östrogen Libidomangel zu Gunsten Interesse an Wohlergehen, Erziehung und berufliche Sicherheit
Wechseljahre Unregelmässige Zyklen von Östrogen, Progesteron und Testosteron, Abnahme der Östrogenempfindlichkeit Schankende Libido, Schlafstörungen, Hitzewallungen, Emotionale Schwankungen
Menopause Weniger Östrogen, kein Progesteron, FSH/LH konstant Abbau der Schaltkreise, die von Östrogen, Oxytocin und Progesteron angeregt werden.
Postmenopause Wenig stabiles Östrogen und Progesteron Gelassenheit, weniger Fürsorge, dafür Entfaltung der eigenen Persönlichkeit

Jan 20 2011

Das Herz als Sitz des Shen und die Sicht der westlichen Wissenschaft

von Dr. Raphael Hochstrasser

Spätestens seit der schottische Anatom Charles Bell (1774-1842) zu Beginn des 19. Jahrhunderts das Nervensystems entdeckt und beschrieben hat, findet aus wissenschaftlicher Sicht die Verarbeitung von Emotionen im Gehirn, und nicht im Herzen statt.

In der ZangFu-Lehre der Chinesischen Medizin heisst es: „Das Herz beherbergt das Shen“, womit unter anderem auch gemeint ist, dass ein Teil der psychischen und emotionalen Prozesse im Herzen stattfinden.

Diese Idee mag uns ziemlich verstaubt erscheinen, doch nun kommt auch die moderne Forschungen langsam dahinter, was die alten Chinesen schon vor Jahrtausenden wussten. Der Neurokardiologe Dr. J. Andrew vom HeartMath Institute in Boulder Creek, Colorado forscht über die Autonomie und Intelligenz des Herzen. Dass das Herz im Embryo drei Wochen vor der Entstehung von Gehirn und Rückenmark zu schlagen beginnt, ist schon länger bekannt. Doch jüngste neurokardiologische Untersuchungen belegen weiter, dass das Herz eine erhebliche Autonomie aufweist, und mit dem Gehirn kommuniziert, wobei mehr Informationen vom Herz zum Gehirn fliessen, als umgekehrt. Die vom Herz ausgesendeten Signale beeinflussen die Wahrnehmung, Emotionen und Denkleistung. Umgekehrt erhält das Herz Informationen über den Gesundheitszustand des gesamten Körpers, welche es in seinem Netzwerk verschiedener gehirnähnlicher Zellen verarbeitet, mit denen es sich sogar von der Befehlsgewalt des Gehirns ausklinken kann. Es schüttet Neurotransmitter und Hormone aus und sendet elektrische Impulse ans ganze Nervensystem. Eine direkte Verbindung besteht z. B. zur Amygdala des limbischen Systemes, wo die Verarbeitung von Emotionen gesteuert wird.

Das Herz produziert eine 5000 mal stärkere magnetische Strahlung als das Gehirn. Mit einer Leistung von 2.4 Watt in Form von elektromagnetischen Wellen durchdringt es nicht nur den ganzen Körper (vgl. EKG), sondern kann auch in einem Umfeld von ca. 3 Metern gemessen werden. Mittels elektrotechnischen Geräten kann die Kommunikation solcher Magnetfelder zwischen Menschen übrigens auch unter westlich-konventionell-physikalischen Massstäben nachgewiesen werden. Abgesehen davon entspricht dieses Feld in etwa dem Emotional- und Mentalkörper, wie er in den Veden den emotionalen, rationalen und intuitiven Gedanken zugeschrieben wird.

Prof. Gary Schwartz, Psychologe der University of Arizona, untersucht Menschen nach Herztransplantationen und hat bereits in über 70 Fällen Fähigkeiten, Erinnerungen oder Emotionen bei den Empfängern festgestellt, die offensichtlich von den Spendern stammen. In einem besonders spektakulären Fall litt ein achtjähriges Mädchen nach erfolgreicher und ansonsten komplikationsfreier Herztransplantation unter heftigen, immer ähnlichen Alpträumen. Prof. Schwartz identifizierte das neue Herz als deren Quelle, worauf Psychiater Informationen über den Tod des Spendermädchens, das ermordet wurde, gewinnen konnten. Letztlich wurde deren Mörder auf Grund der Angaben der Empfängerin identifiziert und gefasst!

Quellen und weitere Infos:

  • http://drgaryschwartz.com
  • http://www.ras-training.de/neu/publikationen/hi_forsch_ber_lesepr.htm
  • Schubotz RI (Hrsg) (2008) Other minds. Die Gedanken und Gefühle Anderer. Paderborn: Mentis
  • Schulz W (2008), Hirn und Herz in antik-chinesischer Sichtweise.
  • Wollschäger M (Hrsg) Hirn Herz Seele Schmerz. Psychotherapie zwischen Neurowissenschaften und Geisteswissenschaften, Tübingen: Dgtv-Verlag
  • Wellendorf E (1993) Mit dem Herzen eines anderen leben? Die seelischen Folgen der Organtransplantation. Zürich: Kreuz-Verlag

  • Jan 14 2011

    links zu Fachartikeln und Datenbanken

    von Dr. Raphael Hochstrasser

    Natürlich wimmelt es im Netz nur so von Artikeln und Datenbanken (DB) für westliche, komplementäre und auch Chinesische Medizin (CM). Hier eine kleine dafür umso selektivere Liste von links zu wissenschaftlichen Portalen, Fachartikeln und Hilfsmitteln zur CM. Ich bin dankbar für Ergänzungen.

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    Medizinische Datenbanken
    scholar.google.com akademischer google.com
    scholar.google.de akademischer google.de
    www.thecochranelibrary.com medizinische DB mit standardisierten Reviews (höchste Referenz für evidence based medicine, also das beste was es gibt, aber natürlich auch nicht perfekt. In selbstkritischer Überprüfung wurde festgestellt, dass weniger als 30% der Cochrane Arbeiten  schwere Mängel aufweisen) (eng)
    www.pubmed.gov  die umfangreichste medizinische Meta-DB, incl. medline & co. (Qualität der Arbeiten sehr unterschiedlich, amerikanische Ausprägung)
    www.iqwig.de Medizinische Qualitätsevaluationen, gute Übersichten (de)

    Komplementärmedizinische Datenbanken
    www.cambase.de DB Verbund für Komplementärmedizin
    www.cam-quest.org Forschungsliteratur, Glossar und Links zu Komplementärliteratur (v. d. Carsten Stiftung)
    www.outcomesdatabase.org Instrumente mit Bedeutung für die Komplementärmedizin (eng)
    www.hindawi.com/journals/ecam/editors.html – Evidenzbasierte Komplementär- und Alternativmedizinstudien in Volltext (eng)
    http://isharonline.org/ – ISHAR (Integrative Studies Historical Archive & Repository) mind/body von der Deepak Coprah Found. db (eng)
    www.ovid.com – Medizinische (inkl. CAM und TCM) Datenbank mit ebooks, Journals und Volltextdatenbanken (eng)
    www.cinahl.com …academic …cinahl – Volltexte und Indexe von Journals für Gesundheit und Pflege (eng)
    www.who.int WHO Startseite für Traditionelle Medizin, (Akupunktur) (eng)

    Fachartikel und Hilfsmittel CM
    www.classicalchinesemedicine.org Sinologische Artikel über CM von Heiner Frühauf (eng/deu)
    www.gancao.net Nette Fallstudiensammlung (eng)
    www.acupuncturetoday.com Monatliche onlinenews über CM (eng)
    www.ejom.co.uk Euorpean Journal of Oriental Medicine – kostenpflichtig (eng)
    www.jcm.co.uk Journal of Chinese Medicine (eng)
    www.mdbg.net superb chinese-english online translator
    www.mdbg.net passabler Chinesisch-Deutsch online Übersetzer
    www.ctext.org collection of ancient chinese texts including well structured e-translation (eng)
    http://lsp.nwsuaf.edu.cn/tcmsp.php Umfangreichste pharmakologische DB mit 500 Chin. AM, 30k chem. Ingredienzien! (eng)

    Online Statistik Rechner 
    www.daten-consult.de Rechnet T-Wert und Chi-Quadrat (max. 2 x 2 Felder)
    www.quantpsy.org Rechnet Chi Quadrat nach Pearson mit max. 10 x 10 Feldern, sowie Yates Korrektur und Freiheitsgraden
    graphpad.org Rechnet Chi Quadrat nach Fisher mit wahlweise 1- oder 2-seitiger Signifikanz, sowie Yates Korrektur (max. 2 x 2 Felder)

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    Wissenschaftliches Schreiben
    Tipps zum Erstellen von wissenschaftlichen Publikationen, Masterthesen und Dissertationen: Wissenschaftliches Schreiben


    Nov 15 2010

    Wichtige Formeln der Chinesischen Arzneitherapie – LERNKARTEN

    von Dr. Raphael Hochstrasser

    Ein Lernkartenset mit den 118 Formeln, welche an der SBO-TCM Prüfung gefragt werden. Es handelt sich auch ansonsten um eher bedeutende und oft eingesetzte Formeln. Sie decken ein einigermassen breites Wirkspektrum ab und können helfen, die Strategien der Chinesischen Arzneitherapie besser zu verstehen. Die wichtigsten paar Grundformeln sind jedenfalls schon mal dabei.

    Diese sollten nämlich, als erster Schritt (nach oder während dem Erlernen der wichtigsten 63 Einzelmittel ) IN & AUSWENDIG reingehämmert werden, denn sie sind immer wieder als Grundbausteine in allen möglichen Formeln vertreten. Und es sind bloss 4 an der Zahl, gar nicht viel, gäll!? Also es lohnt sich… e voilà:

    • Ba Zhen Tang ( bzw. Si Jun Zi Tang + Si Wu Tang)
    • Liu Wei Di Huang Wan
    • Xue Fu Zhu Yu Tang
    • Xiao Yao San

    C’est ça!

    Also, wenn Du…
    1. schon vor der ersten Arzneimittellektion die 63 wichtigsten Einzelmittel lernst,
    2. die vier o. e. Hauptrezepte inklusive Ingredienzien am Anfang (als erstes gleich zu Beginn während den allerersten Arzneimittellektionen) durchgehend  verinnerlichst,
    3. irgendwann (während den kommenden Monaten oder Jahren…) die 118 wichtigsten Formeln dazulernst,
    hast Du den härtesten Brocken geschafft UND (das wichtigste…) der Rest scheint zwar viel, wird aber leicht verdaulich und wird lerntechnisch gesehen zum leichtverdaulichen Teil. Denn Du kannst während dem Unterricht voll profitieren, da Du verstehst, was der Dozent verzapft! Die übrigen  Einzelmittel werden reingehen wie Butter…  gehe dazu zunächst wie bei den ersten 58 Einzelmittel vor und lerne im 10 Minuten/Tag-Auswendig-Büffeln-Modus jeweils einfach nur den PinYin und die Kategorie. Dann und im Kontext der Formeln und durch entspanntes Zuhören, Verstehen und Repetieren im Unterricht wird es für Dich ein Leichtes, die Einzelmittel innerhalb der Kategorie zu differenzieren und ihre wirkliche Funktionen im Kontext der klassischen Formeln zu verstehen. Yess!

    Die Besonderheit dieser Lernchärtli sind die bis aufs Äusserste reduzierte Definitionen der Wirkung der jeweiligen Formeln. Diese ermöglicht es, wenn gelegentlich zusätzlich auch die relevantesten Ingredienzien studiert werden, sämtliche der 118 Formeln unter dem geringst möglichen Aufwand eindeutig zu differenzieren, z. B. zur Beantwortung von Multiple Choice fragen, oder zur Inspiration und Orientierung bei der individuellen Rezeptkomposition. Es versteht sich von selbst, dass im Gegenzug die Lernkarten in puncto Wirkung, Indikation und Ingredienzien jeglicher Vollständigkeit entbehren.

    Hier geht’s zum DOWNLOAD der Lernchärtli für die 118 wichtigsten Formeln…. (Die supi vorbereiteten Chärtli sind gratis und Du musst Dich einloggen, damit Du ein bisschen Verantwortung übernimmst und sie nicht einfach weiterkopierst… Merci :o)…

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    Nov 15 2010

    Wichtigste Chinesische Arzneien – Lernkarten

    von Dr. Raphael Hochstrasser

    Die 63 wichtigsten Arzneimittel der chinesischen Medizin als Lernchärtli.

    In den ersten Lektionen mit chinesischer Arzneitherapie wird mensch ziemlich mit den fremdklingenden Lauten (das wären die PinYin- oder pharmazeutischen Namen der Arzneien) zugedröhnt. Und wenn Du nun lieber von Anfang richtig viel vom Unterricht profitieren möchtest, solltest Du schon vorher diese 63 Arzneimittel lernen. Und zwar zunächst einfach mal ganz stur jeweils den PinYin-Namen und die Kategorien! Das wird harte Arbeit, vergleichbar mit dem Anfang beim Erlernen einer neue Fremdsprache. Doch damit hast Du mal einen ersten Nagel im Brett, an welchem Du einen Teil der weiteren Informationen aus dem Unterricht befestigen kannst.
    Tipp aus der Neuro-Werkstatt: Spar Dir die Eselsbrücke oder Memno-Technik für die Exoten auf, lerne hier blanco, denn damit ist der Speicherplatz für Erweiterungen grösser.

    63 Kärtchen, 10 Minuten pro Tag (ca. 10 Kärtchen/Tag) = 1 Woche!

    Die Lernkarten sind so klein, dass sie überallhin mitgenommen werden können. Tiptop vorbereitet, 2 A4 Seiten, gespiegelt (zum vorne und hinten randlos bedrucken und schneiden)

    (PS: Übrigens gibt’s auch die wichtigsten 118 Formeln als Lernchärtli…)

     
     

    DOWNLOAD der 56 wichtigsten Einzelarzneien als Lernchärtli...

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    Okt 4 2010

    Pulsformen

    von Dr. Raphael Hochstrasser

    Ich bin in den letzten 10 Jahren wenigen Praktikern begegnet, die mehr als  eine Handvoll der rund 30 bekanntesten Pulse unterscheiden. Häufig wird vorgehalten, die Pulstastung bedürfe Jahrzente langer Übung, tatsächlich scheitern die meisten Praktiker aber vor allem schon an der  theoretischen Unterscheidung. Versuche selbst oder frage eine Therapeuten mal nach wenigstens 10 der mehr als 40 Pulsbilder und Du wirst warscheinlich feststellen… no way! Kein Wunder, die Illustrationen und Beschreibungen der gängigen Quellen sind nicht nur verwirrend, sondern häufig auch widersprüchlich. Deshalb gibt’s hier eine weitere Liste mit Pulsformen, hoffentlich wenigstens mit andern Vor- und Nachteilen als die der bisherigen Zusammenstellungen ;o). Vorschläge zur Verbesserung sind herzlich willkommen, bitte mailen oder ins Kommentarfeld schreiben!

    Legende zur Darstellung und eine grobe Kategorisierung: Die 6 ersten Hauptpulse (grau) entsprechen mehr oder weniger dem Ba Guan, die 3 weiteren Hauptpulse sind wichtig als Basis zur Differenzierung weiterer Pulse. Die Pulse in gelben Feldern sind vorwiegend Pulse, die Leere-Muster indizieren, grüne Felder Stagnations- oder Fülle-Muster, rote Felder zeigen auf Herz- oder Stase-Muster. Übrigens, unregelmässige Pulse (auch rot) indizieren beinahe immer Herz-Muster.

    Unterscheidung Xian Mai und Jin Mai – Die Unterscheidung zwischen gespanntem und drahtigem Puls kann Mühe bereiten. Xian Mai wird in einigen deutschen Quellen als gespannter Puls bezeichnet. Wir bezeichnen Xian Mai als den drahtigen Puls, weil dies eher zu Holz passt, man denke beispielsweise an die typisch drahtigen Sehnen des Holztypen… Der gespannte (Jin) Puls hingegen, steht für Kälte Muster. Kälte kontraktiert und führt zu Krämpfen und Spannungen, wie es eben der gespannte Puls zeigt. Der drahtige Puls ist lang (über alle 3 Positionen tastbar) aber hart und eher glatt, wie eine Gitarrensaite mit hoher Spannung, während der gespannte Puls die selben Eigenschaften aufweist, sich jedoch wie eine grobe, gedrillte Gitarrensaite mit noch höherer Spannung anfühlt. Diese Unterscheidung ist praktisch in der Tat etwas anspruchsvoller und muss dynamisch, d. h. im Vergleich erlernt werden.

    Unterscheidung Qi-Xu und Xue-Xu
    Xu Mai/Leerer Puls: Wenn zu wenig Qi für die Tension der Media (Muskelschicht der Arterien) vorhanden ist, wirkt diese hohl, schlaff und gibt nach, dies fühlt sich breit an, sollte aber nicht mit dem breiten Puls (Da Mai) verwechselt werden, welcher seinerseits voll und breit ist. Jedenfalls steht der Xu Mai im deutlichen Unterschied zum Xi Mai/Feiner Puls, welcher dünn ist, weil wenig Blut darin fliesst! Selbstverständlich ist das wiederum nur eine Basis, da gerade Qi- und Xue-Xu Muster in vielen Variationen und damit Pulskombinationen auftreten können.

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    Apr 11 2010

    Positive Psychologie

    von Dr. Raphael Hochstrasser

    Immer noch zu oft berichten Patienten über schlechte Erfahrungen und Schwächung durch psychologische und vor allem psychiatrische Behandlungen. Ich erachte die hartnäckige Suche von Lösungsansätzen auf der Seite der Probleme und Pathologie als Crux der zeitgenössischen Psychologie. Wäre es nicht effizienter und motivierender, die Energie, den Fokus und die Aktivitäten mehrheitlich auf die positive Seite zu legen? Ein Schritt in diese Richtung macht Martin Seligman mit der

    Positiven Psychologie,
    welcher 6 Tugenden und 24 Charakterstärken zugeordnet werden:

    1. Weisheit und Wissen
    Kreativität, Urteilsvermögen, Liebe zum Lernen, Weisheit

    2. Mut
    Tapferkeit, Ausdauer, Authentizität, Enthusiasmus

    3. Menschlichkeit
    Bindungsfähigkeit, Freundlichkeit, soziale Intelligenz

    4. Gerechtigkeit
    Teamwork, Fairness, Führungsvermögen

    5. Mässigung
    Vergebensbereitschaft, Bescheidenheit, Vorsicht, Selbstregulation

    6. Transzendenz
    Sinn für das Schöne, Dankbarkeit, Optimismus, Humor und Spiritualität

    Selbstverständlich ist es mit dem Auflisten alleine nicht getan, aber zur Orientierung, und keinesfalls als Massstab, scheinen diese Werte aber schon mal recht brauchbar. Ganz abgesehen davon fragt sich auch ein wenig, in wie weit der Seligman bei den fünf sogenannten konfuzianischen Tugenden (s. Auflistung unten) abgekuckt hat. Dessen Urheber, Kǒng Fū Zǐ, kam mit dieser Ideen jedenfalls schon etwas früher, nämlich irgendwann zwischen 551 und 479 v. u. Z.

    Rén 仁
    Menschlichkeit
    benevolence
    Yì 义
    Gerechtigkeit
    righteousness
    Lǐ 礼
    Anständigkeit
    propriety
    Zhì 智
    Weisheit
    wisdom
    Xìn 信
    Treue
    fidelity

    Jan 25 2010

    Husten – Westmed

    von Dr. Raphael Hochstrasser

    Hustensensoren befinden sich entlang der Atemwege, in der Lunge, dem Brustfell, entlang der Speiseröhre, und selbst im Perikard und im Magen. Reize, z. B. durch Fremdkörper, geben diese Sensoren ans Hustenzentrum des Grosshirns weiter, welches daraufhin explosive Luftstösse mit bis zu 500 km/h Geschwindigkeit veranlasst, die von Zwerchfell, Rachen, Rippen und Atemwegsmuskulatur ausgeführt werden.
    90% der Hustenerkrankungen sind viral bedingt, und dauern in der Regel über 2-4 Wochen, ab 8 Wochen wird von chronischem Husten gesprochen. Bei solcher Dauer, oder bei Dyspnoe oder Hämotypse, sollten genauere Untersuchungen erfolgen. In der Westmed kann allerdings von rund 20% der chronischen Hustenfälle die Ursache nicht geklärt werden. TB, Reflux-Ösophagitis, Keuchhusten, aber auch die NW von Blutdrucksenkern können Husten verursachen, bei ACE-Hemmern wird sogar in 10% der Fälle trockener Husten als NW erwartet.
    CAVE westMEDI: Codein macht abhängig (nicht >2W einnehmen)! Husten-/Reizblocker dürfen nicht mit Schleimlösern kombiniert werden!


    Aug 28 2009

    Wassertechnik im Mensch

    von Dr. Raphael Hochstrasser

    In der Frühzeit lebten alle Lebewesen der Erde im Wasser. Und noch heute bedarf es dem inneren Meer, in welchem die Zellen schwimmen: 50% des Körpergewichtes fällt auf die Intrazellulärflüssigkeit, welche damit 70% des gesamten Wassers im Körper einnimmt. Da sind natürlich noch weitere Flüssigkeiten auf der Basis von Wasser, z. B. das Blut, das 5% des Köpergewichtes ausmacht, oder die Extrazellulärflüssigkeit und Lymphen (Medium zwischen Blut und Zellen)mit 15% des Körpergewichts. Die zu bewässernde Zelloberflächen im Körper nehmen eine Fläche von ca. 200’000 m2 ein. Müsste man diese Fläche auf einer Ebene bewässern, wären theoretisch rund 200’000 Liter Wasser notwendig! Dank dem hervorragenden Wassermanagement schafft unser Körper das auch so. Wassergesamtanteile im Körper und in bestimmten Organen:
    Säugling 80%
    alter Mensch 60%
    Lungen: 71%
    Muskeln: 71%
    Leber: 71%
    Milz: 77%
    Gehirn: 83% :o) und das Gehirn wiegt nur 2% des Körpergewichtes, benötigt aber immerhin 20% des Blutes

    Wasser wird
    1. eingenommen (Mund, Lunge, Haut),
    2. resorbiert (Gewebe, Zellen),
    3. rückresorbiert (Dickdarm, Nieren) und
    4. ausgeschieden (Dickdarm, Lungen, Haut, Harnblase).

    Die 1. Zufuhr erfolgt durch drei Wege: Die Lunge bzw. die Alveolen nehmen aus dem Wasserdampf über die Schleimhäute Wasser auf, jedoch, sowie die Haut auch, sehr geringe Mengen. Der grosse Teil wird dem Körper durch das freie Wasser in Getränken (ca. 1.2 l/d) und Nahrungsmitteln (ca. 1 l/d) zugeführt.:
    Gurke 95%
    Kopfsalat 95%
    Wassermelone 92%
    Rüebli, Sellerie 88%
    Joghurt 86%
    Äpfel, Birnen 84%
    Fisch 60-80%
    Kartoffeln 77% (roh)
    Kartoffeln 76% (gekocht)
    Getreide 70 (gekocht)
    Fleisch 50-70%
    Pasta 60% (roh)
    Brot 37%
    Kartoffeln 20% (gebraten)
    Getreide 12% (roh)
    Hülsenfrüchte 11%
    Pasta 9% (roh)
    Sojabohnen 7.5%
    Mandeln 5%
    Walnüsse 3%
    Kartoffeln 3% (Chips)
    Schockolade 1%
    Raffinierter Zucker 0%
    Einen weiterer Teil (0.3 l/d) des Wassers entsteht als Nebenprodukt des Fett- und Zuckermetabolismus. Kamele speichern übrigens in ihren Höckern nicht etwa Wasser, sondern Fett, welches bei Bedarf oxidiert wird und dadurch metabolisches Wasser frei macht.

    2. Die Resorption bzw. Aufnahme des Wassers erfolgt hauptsächlich über das Verdauungssystem. Mund, Magen, aber vorallem (90%) der Dünndarm transferiert das Wasser osmotisch über seine sehr dünnen Zellwände (Membrane) ins Blut. Je höher der Wassergehalt im Blut, desto höher ist der osmotische Druck gegenüber der Extrazellullärflüssigkeit, was zum Ausgleich führt, dito Zellen, womit das Ziel erreicht wäre. Die Nieren werden pro Tag von ca. 1500 l Blut durchschwemmt, wovon ca. 180 l Wasser herausgeflitert werden (wovon schliesslich ca. 1.5 l als Urin ausgeschieden wird).

    3. Die Rückresorption
    Von den ca. 7 l Verdauungssaft (1 l Speichel, 1.5 l Magensäfte, 0.75 l Galle, 0.75 l Pankreassaft, 3 l Darmsaft) werden 97% durch die Darmschleimhaut resorbiert. Von den täglich 180 l gefilterten Urin werden ca. 99% von den Nieren wieder ins Blut zurückgegeben.

    4. Die Wasserausscheidung erfolgt grösstenteils (1.5 l Urin/Tag) über die Nieren, welche das Wasser mit Ihren Glomeruli aus dem Blut filtern. Genaugenommen wird das Wasser herausgedrückt (Blutdruck>Druck in den Glomeruli), was auch den erhöhten Harndrang bei erhöhtem Bluckdruck erklärt (Kaffee, Nervosität, usw.). Urin besteht aus 95% Wasser und 5% festen Stoffen, vor allem Harnstoff, ein Zurückbleibsel der Eiweissverdauung. Die Schweissdrüsen der Haut (70-100 Stk./cm2) arbeiten ähnlich wie die Glomeruli und scheiden 99% Wasser und 1% Mineralien und organische Abfallprodukte aus. Bei Perspiration (konstante, physiologische Schweissabgabe) ca. 0.3 g / Minute also 540 g / d und bei Transpiration (erhöhte, physiologische Schweissabgabe, sichtbares Schwitzen) bis zu 1.5 l / h oder 6 l / Tag. Die Lungen verdampfen ca. 3- 500 g Wasser pro Tag, der Dickdarm ca. 120 g (bei 150 g Stuhl / Tag).
    Urin 1.5 l
    Schweiss 0.5 l
    Lungen 0.4 l
    Darm 0.1 l
    Gesamt 2.5 l


    Aug 19 2009

    Kalzium, Knochenfestigkeit und Kontroverses zu Mythen unserer Zeit

    von Dr. Raphael Hochstrasser

    Leider herrscht in gewissen Kreisen immer noch der Fehlglaube, die Aufnahme von viel Kalzium durch Lebensmittel oder Nahrungsergänzungen sei gut für die Knochenfestigkeit. Obwohl die Werbung „Milch macht starke Knochen“ schon seit Jahren verboten ist, halten schlaue Marketingköpfe diesen Mythos durch ähnliche Aussagen aufrecht. „Wo Kalzium fehlt, muss Kalzium rein“ klingt ja logisch. Sogar Studien wurden gemacht(!), welche eine kurzzeitige positive Auswirkung auf die Knochendichte bei erhöhter Kalziumzzufuhr belegen. Längerfristig ist aber genau das Gegenteil der Fall, zahlreiche internationale Statistiken und Studien, u. a. der Harvard School of Public Health, belegen, dass die alleinige Zufuhr von Kalzium den Knochenabbau induzieren kann.

    Ausser für den Zweck, für den sie gedacht ist, zur Primärnahrung von Säuglingen, hilft Milch nicht, sondern schadet, unter anderem besonders den Knochen![1] Das weiss man schon seit Jahrzehnten, und langsam dringt diese Begebenheit glücklicherweise auch bis ins Bewusstsein westlicher Ärzte… aber denen fällt es immer noch schwer vom alten, einbetonierten Mythos „Ein Glas Milch pro Tag…“ abzulassen. Und wenn, dann wird drumrum argumentiert und relativiert, so was wie… wenn kein Kalzium ausgeschieden wird, könnte ein Mangel bestehen, also gehen wir auf sicher und greifen zur Kalizumgabe (was ja nachweislich die Knochen schädigt, mehr dazu im letzten Abschnitt). Nun wurde wie üblich eifrig nach einer weiteren bequemen, stofflichen Lösung gesucht und mit Vitamin D (vorübergehend…?) auch eine gefunden. Vitamin D zeichnet sich durch eine Vielzahl positiver Eigenschaften aus und lässt sich prima popularisieren und vermarkten; es wird sich in Spitälern und Apotheken schätzungsweise wohl ein Marktproduktzyklus lang als Wundermittel gegen Osteoporose und sonscht Allenchaibs verkaufen lassen.

    Einfach und bewährt: Vitamin D wird vom Körper selber produziert, wenn dieser regelmässig Sonnen tanken darf.

    Wobei wir gleich beim nächsten Mythos angelangt sind, jenem vom Hautkrebs und der Sonne. Das gefällt mir ganz besonders, weil ich das schon seit eh und je vermutet habe und eine gesunde Aversion gegen Sonnencrème hege ;o). Tatsächlich sterben verhältnissmässig sehr wenige Menschen an Hautkrebs, der effektiv durch übermässige Sonnenstrahlung verursacht wurde. In den USA sind es jährlich ca. 1200 Menschen [3], die an einem Basalzell- oder Plattenepithelkarzinom sterben, auf der anderen Seite aber Hundertausende, die vorzeitig an *Osteoporose, welche wiederum vorallem auf Vitamin D-Mangel bzw. zu geringer Sonnenexposition zurückzuführen ist. Und dies ganz abgesehen von den weiteren lebenswichtigen Funktionen von Vitamin D. Und Melanome, die gefährlichsten der Hauskrebserkrankungen, treten häufiger an Stellen des Körpers auf, welche weniger dem Sonnenlicht exponiert werden. Büroangestellte leiden 4 x häufiger [4] daran, als Menschen, die im Freien arbeiten.  Hautkrebs hat in Ländern in Korrelation zur Verbreitung von Sonnencrèmes zugenommen, während die Hautkrebsrate z. B. in tropischen Ländern, im Oman oder in Algerien extrem tief sind! [7] Solange wohldosiert sonnengebadet wird, ist die Hysterie von wegen Hautkrebs wegen Sonnenstrahlen nicht nur übertrieben, sondern kreuzfalsch.

    Für die ewig-nach-EINEM-Wunderrezept-Suchenden sei hier noch gesagt, dass 1.)  Kalzium lebensnotwendig ist und ich nicht rate, darauf zu verzichten, die Zufuhr ist jedoch durch einen durchschnittlichen Speiseplan völlig ausreichend, auch ohne übermässige tierischen Eiweisskonsum (Fleisch, Milch…). Milch ist übrigens für Säuglinge, nicht für Erwachsene (welche Kuh trinkt schon Milch?), und würde, wenn schon, den kompletten Speiseplan ersetzen; Überernährung ist das Hauptproblem unserer Zeit! Nur drei von 13 Resumee, welche durch ein Team aus zwanzig international führenden Experten aus rund 8000 Studien über Ernährung extrahiert wurde, gelten unumstritten als höchst relevant für die Gesundheit: 1. Mässiger Salzkonsum (ca. 2 – 5 g / Tag), 2. Frische und unveränderte (natürliche) Nahrungsmittel, 3. Verdichtete Nahrungsmittel vermeiden. (Dicht bedeutet konzentriert, raffiniert, mit einer unnatürlich hohen Energiedichte eben. Also z. B. Kristallzucker, Weissmehl, Fertigmahlzeiten, aber auch Fruchtsäfte, usw.). 2.) Und ebensowenig empfehle ich, es mit der Sonne auf der Haut zu übertreiben. Die Haut ähnelt der Verdauung, auch sie scheidet Abfallstoffe aus und nimmt Lebensstoffe auf, auch sie leidet unter Stress (vgl. verdichtete Nahrungsmittel). Folglich sollte man sie weder ständig mit Sonnencrèmes***, noch anderen Sälbeli und Züügs, noch mit übermässiger Sonnenstrahlung belasten. Also nochmals, damit keine Missverständnisse aufkommen: Sonnenbrand ist ein Riesenstress für die Haut und damit ebenso krebsfördernd wie Sonnencrèmes [7] und der Aufenthalt in nicht biologischen Räumen [8,9]!

    Also, das Rezept lautet: Genug Sonne Tanken (langsam einbräunen, z. B. anfangs Kleider, Schatten, während der Dämmerung raus und Mittags Siesta machen…), regelmässig und freudig bewegen, wenig chemische Substanzen immissionieren, dafür viel Natur und frische und bekömmliche Nahrungsmittel.

    Zurück zur *Osteporose („Porösität der Knochen“) und damit zu einem Begriff, der perse schon fehlleitet, wenn es um die Stärke der Knochen geht. Denn die Knochendichte entspricht nicht der Knochenfestigkeit. Für die Statik eines Gebildes zählt aber nicht nur die Masse, sondern vor allem auch der Aufbau und die Struktur. Natürlich kann rein technisch nur die Knochendichte und nicht die Festigkeit gemessen werden, und das wird auch getan und fälschlicherweise als Parameter für die Stärke der Knochen gewertet. Das der Zusammenhang aber nicht gegeben ist, zeigen Statistiken, bei welchen Knochenbrüche teilweise sogar weniger häufiger in Bevölkerungsgruppen mit vermehrter Osteoporose vorkommen!

    Die Erneuerungskapazität von Knochenzellen ist beschränkt und wird durch erhöhte Kalziumzufuhr verkürzt. Übermässige Kalziumaufnahme (hauptsächlich durch tierische Produkte, wie z. B. durch Milch, aber auch durch Nahrungsergänzungsmittel) wirkt sich langfristig negativ auf die Knochenfestigkeit aus! [6]

    [1] Link mit weiterführenden Infos zum Thema Knochenfestigkeit und Kalzium: www.4.waisays.com
    [2] Link mit weiterführenden Infos zum Thema Hautkrebs und Sonne: http://bertjensen.info/hautkrebs-durch-sonnenlicht-ein-mythos/
    [3] Michael F. Holick, Mark Jenkins: Schützendes Sonnenlicht, 2002.
    [4] Osterlind A, Tucker MA, Stone BJ, Jensen OM. The Danish case-control study of cutanceous malignant melanoma. II. Importance of UV-light exposure. Int J Cancer, 1988 Sep 15;42(3):316-24.
    [5] Orjan Hallberg / Olle Johansson: Cancer Trends During the 20th Century. Journal of Australian College of Nutritional & Environmental Medicine, Vol. 21. 1. 2002, 3-8.
    [6] John Robbins: Ernährung für ein neues Jahrtausend. 3. Aufl. 1997, Waldfeucht.
    [7] Garlan/Garland/Gorham: Could Sunscreams Increase Melanoma Risk?, in American Journal of Publick Health, Nr. 82, 4/1992, S. 614f. Zitiert nach Hobday: Sonnenlicht heilt, S. 69 f. [8] Die Melanom-Häufigkeit belief sich für Männer, die ihr Leben lang im Freiem arbeiteten, auf nur 17 Prozent gegenüber der von Büroangestellten. Bezogen auf PMR (proportional mortality ratios) Samuel Milham, Jr, and Eric Ossiader. Persönliche Mitteilung von Örjan Hallberg. Siehe auch http://www3.doh.wa.gov/occmort/ [9] V. Beral u.a.: Malignant Melanoma to Fluorescent Lighting at Work, Lancet, 2, 1982, S. 290 ff.-Zitiert nach Liebermann: Die heilende Kraft des Lichts, S. 194 f.
     

    ***Apro pos Schädlichkeit von Sonnencremes…
    Heute, also ein paar Jährchen nach der Veröffentlichung dieses Posts, ist die Schädlichkeit von Sonnencrèmes und anderen Kosmetika in aller Munde, ähm Häute, Lebern und Nieren. Hier nur ein paar links zu diesbezüglichen wissenschaftlichen Artikeln:
    http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3084961/ (Sonnencreme und Vitamin D)
    http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/17015167 (Sonnencreme und Antioxidantien)
    http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11702366 (Allgemeine Absorbation von Chemikalien durch Sonnencreme)
    http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15020197 (Herbizie durchdringen sonnenbecremelte Haut)