Zhuāng Zĭ

von Dr. Raphael Hochstrasser

Vermutlich bist Du dem Namen Lăo Zĭ 老子 („Laotze“) schon mal begegnet? Lăo Zĭ gilt als Begründer des Dàoismus. Er lieferte den Inhalt für das Das Dào Dé Jīng 道德經, nach der Bibel immerhin das am häufigsten übersetzte Buch der Menschheit. Dieses Werk zeichnet sich durch unglaubliche Dichte, Universalität und reichem Inhalt aus. Doch neben Lăo Zĭ gab prägten auch noch andere, unglaublich geniale Philosophen den Dàoismus. Ca. 300 v. u. Z. lebte der daostische Philosoph  Zhuāng Zĭ 莊子 Méng Chéng 蒙城, Ānhuī 安徽 . Er verfasste das Nán Húa Zhēn Jīng  南華眞經, Das wahre Buch vom südlichen Blütenland. Eine Anekdote daraus ist weit verbreitet, doch kaum jemand weiss, dass die Zhuāng Zĭ zuzuschreiben ist:

„Einst träumte Zhuāng Zĭ, dass er ein Schmetterling sei, ein flatternder Schmetterling, der sich wohl und glücklich fühlte und nichts wusste von Zhuāng Zĭ. Plötzlich wachte er auf: da war er wieder wirklich und wahrhaftig Zhuāng Zĭ. Nun weiß ich nicht, ob Zhuāng Zĭ geträumt hat, daß er ein Schmetterling sei, oder ob der Schmetterling geträumt hat, dass er Zhuāng Zĭ sei, obwohl doch zwischen Zhuāng Zĭ und dem Schmetterling sicher ein Unterschied ist. So ist es mit der Wandlung der Dinge.“ (Buch II, Kap. 12)

Ein anderes Zitat, welches dafür steht, dass niemand die Wahrheit kennt, sondern wir uns ihr durch Worte bloss annähren können: „Der Name ist der Gast der Wirklichkeit.“ (Buch I, Kap. 2)

„Ein Weg bildet sich dadurch, dass er begangen wird; die Dinge erhalten ihr So-Sein dadurch, dass sie genannt werden. […] was vom Standpunkt des Ichs aus ein Querbalken ist oder ein Längsbalken, Hässlichkeit oder Schönheit, Grösse oder Gemeinheit, Übereinstimmung oder Abweichung: im SINN sind diese Gegensätze aufgehoben in der Einheit. In ihrer Geschiedenheit haben sie ihr Bestehen; durch ihr Bestehen kommen sie zum Vergehen. Alle Dinge, die jenseits sind vom Bestehen und ergehen, kehren zurück zur Aufhebung in der Einheit.“ (Buch II, Kap. 4)

„Himmel und Erde sind Vater und Mutter aller Geschöpfe; vereinigen sie sich, so entsteht ein leibliches Gebilde; trennen sie sich wieder, so entsteht der Anfang zu etwas Neuem. Wenn Leib und Keimkraft frei bleiben von Verlust, so haben wir den Zustand, von dem es heißt, daß man imstande ist, die Lebenskräfte zu übertragen. Wer zu dem Lebenskeim des Lebenskeimes vordringt, der kehrt zurück zur Fähigkeit, Gehilfe des Himmels zu sein.“ (Buch XIX, Kap. 2)