Reise(sser) Bericht Teil I -..-

von Dr. Raphael Hochstrasser

22.04.2006

liebe froynde…

hier mal ein paar news ueber ‚raepfel in china‘

(…falls es dir auf den sack geht, einfach nicht weiterlesen und dieses, sowie weitere ‚reis-e-sser-mails‘ papierkoerblen…)

Die kleinen Unterschiede im alltaeglichen Leben werden oft zum eigentlichen Abenteuer in einem fremden Kulturgebiet. So habe ich mich auch erst nach einer unfreiwillgen Anpassungsphase inkl. erzwungener Darmreinigungs- und Fastenkur mit dem Essen hier versoehnt.

Bekannterweise sind Chinesen hauptsaechlich an drei Dingen im Leben interessiert: Familie, Essen und Geld. In Kunming, der Stadt des ewigen Fruehlings – es herrscht tatsaechlich das ganze Jahr Fruehlingsklima – scheint sich dieses Klischee nur teilweise zu bewahrheiten. Ich bin einfach ‚huere paff‘ und uebergluecklich ob der Stimmung und den Menschen hier, ‚man man lai‘, relaxed, easy, offen und liebenswuerdig.

Viel zu geil, wie versucht wird mit uns kein-Wort-Chinesisch-Sprechenden zu kommunizieren. Die reden einfach drauf los und schauen einem dann erwartungsvoll in die Augen. Einfach herzig! (Dieser von verhuschelten Menschen überstrapazierte Ausdruck ist an dieser Stelle nun wirklich mal angemessen). Die Offenheit, besonders der meist sehr herzigen Chineslinnen ;o) macht mich halt einfach weich…

Fuer manch einen ‚Westler‘ – ich schliesse mich glücklich aus – waere es vielleicht zuviel Offenheit. So bestehen einige Toiletten beispielsweise lediglich aus einem einzelnen Raum (ohne Trennwaende) mit Loechern im Boden. Man kann sich gut unterhalten waehrend dem Scheissen, u. Umstaenden halt aber auch gegenseitig betaueben (man denke an die Vielseitigkeit der Speisen und die daraus erfolgenden Emissionen).

Auch im Spital kennt man punkto Offenheit kaum Grenzen. Ob bei Diagnose oder Behandlung, wenn es interessant wird, hoeren und sehen alle anderen Patienten auch zu, bei den beliebten Aerzten steht man sowieso in der Schlange durch die offene Tür in den von wartenden Patienten und Angehörigen gefüllten Behandlungsraum. Einige LeserInnen mögen sich fragen, wo denn hier die Intimität bleibt, vielleicht werden sie diesen Bericht sogar als weitere Trophäe in ihre Sammlung der allgemeinen Empoerung  gegenüber der chinesischen Kultur einreihen. Zum Glück befinde ich mich am Tatort und kann mir mein eigenes Bild von der Lage machen… So scheint die Anteilnahme bei Behandlungen in chinesischen Spitaelern eben jenen Aspekt abzudecken, der bei uns abhanden gekommen ist. Sowohl Patienten wie auch Aerzte werden permanent von einer Vielzahl Augen und Ohrenpaaren kontrolliert, so dass diese wirklich etwas bieten müssen. Man kann also tatsächlich einfach mal in ein Spital hineinspazieren und die Aerzte live begutachten. Dazu kommen weitere Vorteile, z. B. dass die Anwesenden beim Zuschauen lernen, sich über ihre ähnliche Leiden austauschen können (unkomplizierte Mikroselbsthilfegruppen :o), und dass Patienten ihre Krankengeschichten nicht unnoetig in die Laenge ziehen, trotzdem aber viel Anteilnahme von allen Anwesenden erfahren…

Das mit den Essensregeln ist uebrigens auch kein Klischee. Zwar waere ein Gastgeber mittlerweile nicht mehr, wie in frueheren Zeiten, enttaeuscht wenn die Gaeste ihr Wohlbefinden nicht durch ausgiebiges Ruelpsen und Furzen demonstrieren, aber immerhin ist es absolut normal. Mag man eine Speise nicht – die Vielfaeltigkeit ist durch die ueber 50 in Kunming vertretenen Minoritaeten enorm – spuckt man sie einfach wieder aus, auf den Tisch oder Boden. Also mir entspricht das alles sehr, ich fuehl mich hier wie zu Hause. Natuerliches Verhalten, das Essen und Leben geniessen… Na gut, so unkompliziert ist auch nicht wieder ganz alles. Obwohl ich mittlerweile viele der vorherrschenden Foermlichkeiten verstehe und auch sympathisiere, kommt es vor, dass die unterschiedlichen Mentalitaeten so aufeinander prallen, dass weder der eine noch der andere versteht was geht. Doch wie gesagt, immer relaxed und lustig…

In einigen der trendigsten und teuersten Bars der Stadt kriegt man als ‚Touri‘ Gratisgetraenke (inkl. Bier, Whisky..). Zusammen mit den partytollen Chinesen habe ich deshalb auch schon tatsaechlich meinen Saufrekord (er-) brechen muessen. Zum Glueck kennen sich die Kollegen im Spital gut mit den entsprechenden Kraueterformula fuer die Nachbehandlung aus, TCM fuer den Alltag… dafuer bin ich ja schliesslich hier… :0)

(die u.e. fotos sind nicht in diesem blog, da sie ürsprünglich als exe file per email an die leser geschickt wurden. die meisten fotos vom china praktikum gibt’s aber hier zu sehen.)

zu den fotos: leider nur kleinformat (schildkroeteninternetconnection), leider keine richtige bildlegende…
1. klassiches Tourifoeteli von Hongkong
2. Bettler haben oft kinder mit mitleidigen dreinschauenden kulleraugen, mal malen sie, mal zeigen sie ihre amputationen…
3. baugerueste, auch von wolkenkratzern und anderen giganten, sind komplett aus bambus
4. himmel kratz das (das gebauede links, bank of china, wurde zur kontroverse, weil es nicht den regeln des Feng Shui entspricht. es verletzt mit den scharfen kanten die energetische harmonie hongkongs. welche nach meinem empfinden uebrigens tatsächlich deutlich zu spueren ist.
5. ginseng – die wohl bekannteste droge der chinesischen medizin wird oft als werbemittel fuer apotheken zur schau gestellt.
6. unglaubliche schnitzereien (voellig abgedreht). dieses ding waere ein nettes souvenier, aber zu heikel fuers reisegepaeck, und auch etwas teuer, umgerechnet so ca. 120’000 Franken.
7. behandlung im tcm spital, jeder will was sehen.
8. die tiere werden ganz gefressen, macht eigentlich auch sinn. mit dem geschmacks-sinn bin ich aber noch nicht ganz im groove…
9. die chinesen werden gerne von den ‚exotischen‘ westlern behandelt und gefoetelet… ich natuerlich auch.
10. zeichen der (er-)schroepfung. (fuer die, die’s nicht wissen: behandlungstechnik bei der schroepfglaeser unter vakuum appliziert werden)
11. weiss auch nicht, wo ich diese tunte abgelichtet habe…

na dann, genug der news aus china. natuerlich freue ich mich, auch von dir etwas zu hoeren. mittlerweile muesste der letzte schnee in der schweiz ja vergangen sein und die baueme tragen ihre bluetenkleider? na dann, viel spass, wenig heuschnupfen (gibts hier nicht…:o) und sowieso eine geile zeit.

raepfel

05.06.2006